Gewerkschaften legen die Messlatte auf

DGB formuliert kurz vor den Wahlen einen Forderungskatalog an die Parteien

DGB-Protest in Berlin
DGB-Protest in Berlin

Der Countdown zur Abgeordnetenhauswahl läuft. Mit Nachdruck will der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fünf Tage vor der Abstimmung noch einmal die Interessen der Berliner Beschäftigten in den Fokus rücken. Dazu wurde am Dienstag ein umfangreiches Anforderungspapier vorgestellt.

Akuten Handlungsbedarf sieht der Gewerkschaftsbund vor allem auf den Gebieten der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Gerade im Dienstleistungssektor, der 86 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Jobs in Berlin ausmacht, fehlt es an Wertschätzung der erbrachten Leistungen, heißt es in dem Katalog. Angesichts der anhaltenden Streiks an der Charité und des Pflegepersonals der Alpenlandkliniken in Marzahn treten verstärkt Forderungen nach einem (bundesweit) einheitlichen Tarifvertrag in den Vordergrund. Der DGB fordert von der Politik in diesem Zusammenhang, gezielt der »Geiz-ist-geil-Mentalität« entgegenzuwirken. Die bereits im März von Arbeits- und Sozialsenatorin Carola Bluhm (LINKE) gestartete Initiative »Gute Arbeit in der Pflege« sei dabei ein Anfang.

Im Bereich des öffentlichen Dienstes fordert der DGB, dass Berlin, nach dem Ausschluss im Jahr 1994, wieder Mitglied der Tarifgemeinschaft der Länder wird, damit die Besoldung der Berliner Beamten an das Bundesniveau angepasst werden kann.

Bei dem vor über einem Jahr verabschiedeten Vergabegesetz, das Mindeststandards bei der Ausschreibung öffentlicher Aufträge festsetzt, fordert der DGB eine stärkere Kontrolle. Vertragsbrüche müssten dabei von der Politik stärker mit Geldbußen geahndet werden, so der DGB. Auch der bisher im Gesetz festgelegte Mindestlohn von 7,50 Euro müsse endlich an den geforderten Mindestsatz von 8,50 Euro angepasst werden, damit Berlin den Status »Hauptstadt des Niedriglohns« ablegen kann.

Auch im Streit um die S-Bahn vertritt der DGB eine klare Position: Eine Ausschreibung von Teilen des Streckennetzes lehnt der Gewerkschaftsbund kategorisch ab, da ein neuer Anbieter die Probleme ebenso wenig lösen könne. Die Hauptaufgabe des zukünftigen Senates sei es, einen ordentlichen Vertrag mit der S-Bahn Berlin GmbH zustande zu bringen, um den Erhalt der S-Bahn zu garantieren, so Doro Zinke, Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg.

Hinter dem umfassenden Forderungskatalog, der außerdem bezahlbaren Wohnraum sowie unbefristete Arbeitsverträge für Lehrkräfte und ErzieherInnen beinhaltet, steht aber auch ein Schuldenberg des Landes von rund 62 Milliarden Euro. Auf die Frage nach der Finanzierbarkeit hat der DGB jedoch eine einfache wie wirksame Antwort: Auf die in Berlin ansässigen Unternehmen sollen verstärkt Betriebs- und Steuerprüfer angesetzt werden. Pro eingesetzem Prüfer könnten so bis zu 750 000 Euro an zusätzlichen Einnahmen möglich sein, verspricht der DGB.

Neben allen formulierten Ansprüchen spricht der Gewerkschafsbund aber nicht nur Handlungsanweisungen aus, sondern hat auch Lob zu verteilen: Bei der Industriepolitik und dem weiterhin gebührenfreien Studium stellt Doro Zinke dem Senat ein »weiter so« aus.

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