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Ein Weltrekord beendet die Ära Gebrselassie

Patrick Makau aus Kenia gewinnt den Berlin-Marathon in 2:03:38, Lauflegende Haile Gebrselassie muss aufgeben

Im Ausdauerlauf vollzieht sich derzeit eine Wachablösung: Wie bei der Leichtathletik-WM in Daegu im August dominieren auch beim Berlin-Marathon die Kenianer das Geschehen, während die erfolgsverwöhnten Äthiopier keine Rolle spielen. Patrick Makau schnappt Haile Gebrselassie im direkten Duell den drei Jahre alten Weltrekord weg, Florence Kiptanui gewinnt den Marathon der Frauen.

Es war ein hartes Stück Arbeit, das Patrick Makau am Sonntagvormittag auf dem Weg zum Weltrekord zu verrichten hatte. Kurz vor dem Kilometer 30 inszenierte der stille 26-Jährige aus Ngong bei Nairobi seine große, kühne Attacke. Zweimal lief er quasi Zickzack, wechselte von einer Seite der Strecke auf die andere – um seinen Kontrahenten, den Weltrekordhalter Haile Gebrselassie aus Äthiopien zu irritieren und um ihn zu prüfen: Gebrselassie, der 38-jährige Marathon-König aus Addis Abeba, reagierte kaum und vom steten Lächeln war in der Miene des Äthiopiers schon lange nichts mehr zu sehen gewesen. Makau zögerte keine Sekunde. Er lief auf und davon. »Ich habe gesehen, dass Haile müde ist«, sagte Makau später.

Nur zwei als »Hasen« engagierte Tempomacher konnten Makau da noch folgen, Wunderläufer Gebrselassie hingegen kämpfte einen verzweifelten Kampf: Erst gegen Magenschmerzen, dann gegen ein Asthmaproblem.

Patrick Makau, der Thronfolger des Haile Gebrselassie, war bald ganz auf sich allein gestellt bei seinem Weltrekordlauf, denn ab Kilometer 32 konnten die »Hasen« nicht mehr folgen, der kenianische Vorjahressieger hatte fortan die Strecke, die gleißende Sonne und Hunderttausende Fans am Straßenrand für sich. Einsam lief er dem Weltrekord entgegen.

Während der Berliner Publikumsliebling Gebrselassie bei Kilometer 35 ausstieg, lief Makau beständig sein Tempo weiter. Als er auf die Straße Unter den Linden einbog stand es fest, dass Gebrselassies Weltrekord von 2:03:59 fallen würde.

Makau spulte seine letzten Meter unerbittlich herunter und richtig: 2:03:38 stand auf der Anzeigetafel, als er das Zielband passierte. Weltrekord! Makau kniete nieder, bekreuzigte sich und schnappte sich eine kenianische Fahne und rannte auf die Strecke zurück, wo er genügend Zeit zum Jubeln mit den Zuschauern hatte es sollten immerhin 4:17 Minuten vergehn, ehe

Stephen Kwelio Chemlany als Zweitplatzierter einlief – kurioserweise im gestreiften Trikot eines Tempomachers. Der Kenianer hatte sich so stark gefühlt, dass er bis zum Schluss mitgelaufen war. Edwin Kimayo (2:09:50) und Felix Limo (2:10:38) komplettierten den kenianischen Vierfacherfolg.

Bereits bei der Leichtathletik-WM in Daegu (Südkorea) hatten Kenias Läufer und Läuferinnen den Kontrahenten aus Äthiopien die Show gestohlen, nun beraubten sie ihren Nachbarn im Süden auch noch des Marathonweltrekordes: »Das ist natürlich etwas ganz besonderes«, sagte Makau. »Wir wachsen auf mit der Rivalität zu den äthiopischen Läufern, dieser Sieg bedeutet mir sehr viel«, verriet Makau am Sonntagnachmittag. »Bei meinem Manager steht das Telefon nicht still« Ob sein Weltrekord nun automatisch die Olympiaqualifikation für London ist? »Das weiß ich nicht, aber ich hoffe es.« Welche Zeiten er sich noch zutraue? Eine Zeit unter 2:03:00 vielleicht? »Das ist sehr gut möglich.«

Haile Gebrselassie ward hingegen am Sonntag nicht mehr gesehen nach seinem missglückten Comebackversuch. »Er wird keinesfalls abdanken«, beruhigte sein Manager Jos Hermens all jene, die über einen erneuten Rücktritt Gebrselassies spekulierten. »Es war heute sicherlich das Ende einer Ära«, sagte er auf die Frage nach der neuen jungen Läufergeneration. »Aber es ist noch längst nicht das Ende für einen Haile Gebrselassie.«

Patrick Makau

Name: Patrick Musyoki Makau
Geboren: 2.3.1985 in Manyanzwani
Größe/Gewicht: 1,72 m/59 kg
Familienstand: verheiratet, eine Tochter, fünf Geschwister
Erfolge: Zweimaliger Sieger des Berlin-Marathons (2010, 2011)
Marathon-Debüt: 2009 in 2:06:14 h in Rotterdam
Vorbild: Kenias Ex-Weltrekordler Paul Tergat. Beide leben nahe Nairobi und trainieren zusammen.

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