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Wie förderte die BRD Doping?
Marcel Reinold über die Studie »Doping in Deutschland« / Der Sporthistoriker von der Universität Münster forschte über das Dopingsystem in der alten BRD
ND: Stand die Frage nach staatlich subventioniertem Doping in der BRD im Mittelpunkt Ihrer Studie?
Reinold: Sie nennt sich »Doping in Deutschland seit 1950«. Darin sind historische, soziologische, aber auch ethische Forschungsperspektiven versammelt: Gemeinsam mit der Humboldt-Universität Berlin arbeiten wir primär historisch. Einen solch großen Umfang an untersuchten Archivquellen hat es in bisherigen Studien zu Doping in Westdeutschland nicht gegeben.
Waren Sie überrascht über das Ausmaß ihrer Resultate?
In der Sportgeschichte spielt der Ost-West-Konflikt eine große Rolle. Die Blockkonfrontation hatte einige Ersatzkriegsschauplätze. Ein solcher war auch die Aschenbahn. Deswegen sind die Ergebnisse nicht überraschend. Andere Studien von Brigitte Berendonk oder Andreas Singler und Gerhard Treutlein hatten auch sehr deutlich darauf hingewiesen, dass es Doping in Westdeutschland in einem erheblichen Umfang gegeben hat.
Hatten Sportler im Westen eine echte Wahl, Doping abzulehnen?
Die Zwangsmechanismen, wie sie teilweise im DDR-Sport existierten, stellen wir für die Bundesrepublik so nicht fest. Aber natürlich war es auch für einen ambitionierten jungen bundesdeutschen Athleten konsequenzenreich, Anabolika abzulehnen. Seine Leistungsfähigkeit war geringer, darauffolgend erhielt er weniger Förderung. Es war schwer, sich dem Ganzen vor dem Hintergrund zu entziehen, dass in der Weltspitze der 70er Jahre Anabolika stark verbreitet waren.
Inwiefern sind die staatlichen Unterstützungssysteme von DDR und BRD vergleichbar?
Der DDR-Sport war sehr viel stärker gefördert als der bundesrepublikanische. In Relation zum Bruttoinlandsprodukt hatte die DDR den am stärksten geförderten Leistungssport der Welt. Das findet man so in der Bundesrepublik nicht. Dort ist aber zu sehen, dass sich die Sportförderung zwischen den 60er und 70er Jahren stetig erhöhte und in den 70ern ein überproportionales Wachstum erfuhr, vor allem im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen in München. Die BRD hatte in dem Sinn aber keinen Staatssport. Sie hat kein staatliches Doping betrieben. Es gibt kein Dokument mit irgendeiner Anweisung: »Wir wollen, dass ihr unsere Athleten dopt!« Es gibt aber strukturelle Mechanismen, die für Doping begünstigend wirken. So werden leistungsstarke Disziplinen stärker gefördert als leistungsschwache. Das bietet einen indirekten Dopinganreiz.
Diese Art der Förderung gibt es noch heute.
Genau. Und zumindest in den 70er Jahren wurde vernachlässigt, dass bestimmte Disziplinen eindeutig dopingbelastet waren. Wenn der Staat dem Sport eine starke Autonomie zusichert und gleichzeitig die Förderung am internationalen Spitzenniveau orientiert, etwa mit der Nominierungsrichtlinie Endkampfchance, misst er mit Maßstäben, die unter Doping zustande kommen.
Hat man später versucht gegenzusteuern?
Es wurde eine Dopingklausel bei der Vergütungsordnung für Bundestrainer verankert, die aber ohne praktische Umsetzung blieb. Während es in den 60er Jahren Initiativen für ein Antidopinggesetz gab, fand später ein Wandel hin zum Trugmittel Sportförderung statt. So sollte ab einer gewissen Anzahl von Dopingfällen weniger gefördert werden. Oder nur bei einer Implementierung von Antidoping in den Satzungen der Sportverbände. Das hatte aber nur begrenzten Einfluss.
Gespräch: Oliver Händler
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