EU-Geld mit Auflagen?

Cornelia Ernst zur neuen EU-Förderung

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Linkspolitikerin aus Sachsen ist seit 2009 Mitglied im EU-Parlament
und unter anderem spezialisiert auf EU-Förderung.
Die Linkspolitikerin aus Sachsen ist seit 2009 Mitglied im EU-Parlament und unter anderem spezialisiert auf EU-Förderung.

ND: Die EU-Kommission schlägt eine neue Förderpolitik vor. Haben sich Befürchtungen bestätigt, wie wird das EU-Parlament reagieren?
Ernst: Da sich in den Vorschlägen die Anregungen auch des Parlaments finden, tippe ich auf mehrheitliche Zustimmung.

Auch durch die LINKE?
Der Großteil der Vorschläge ist akzeptabel. Im Detail gibt es natürlich Licht und Schatten.

In Deutschland erhalten die Ostländer den weitaus größten Teil der Mittel aus den Strukturfonds. Ändert sich das nun?
Das wird sich ändern. Sachsen hat beispielsweise von 1991 bis 2013 15 Milliarden Euro zugewiesen bekommen. Die Höchstförderung wird es nicht länger geben. Aber es ist eine Zwischenstufe eingezogen worden, so dass der Osten nicht wie geplant nur noch 30 Prozent der Mittel bekommen wird, sondern etwa 60 Prozent.

Dennoch gibt es Kürzungen. Ein Problem für den Osten, zumal 2019 auch die Mittel aus dem Solidarpakt versiegen sollen.
Das ist richtig. Aber nach 2004 sind ärmere Länder in die EU aufgenommen worden. Ihnen den Großteil der Fördermittel zuzuweisen, kann ich nicht ablehnen. Disparitäten abbauen, heißt auch, dass wir ein Stück abgeben müssen.

Betriebe mit mehr als 250 Mitarbeitern sollen keine oder weniger Fördermittel erhalten? Trifft das auch die Agrargroßbetriebe im Osten?
Ein schmerzhafter Beschluss für diese ehemaligen LPGs, der allerdings schon zuvor gefallen war.

Die Summe von insgesamt 336 Milliarden Euro für den Zeitraum 2014 bis 2020, den die Kommission vorschlägt, entspricht der Summe des letzten Förderzeitraums?
Die Summe ist etwa gleich geblieben, ja. Was sie wert ist, wenn man die neuen Aufgaben gegenrechnet, die in der EU-2020-Strategie festgelegt sind, wird sich allerdings erst zeigen müssen. Da gibt es sechs Entwicklungsstränge.

Müssen die Fördermittel durch die Länder kofinanziert werden?
Das ist ein neuralgischer Punkt. Länder bekommen das Geld nur, wenn sie einen Anteil selbst zahlen. Für die ostdeutschen Länder wird sich der Anteil nun noch erhöhen. Fördermittel werden schon jetzt oft nicht abgerufen, weil es keine Reserven in den Haushalten gibt.

Die EU-Kommission will Fördermittel künftig mit Sanktionen verknüpfen - das heißt, Gelder werden gekürzt. Ist eine solche Förderung förderlich?
Bei einer falschen Verwendung zweckgebundener Mittel ist das in Ordnung. Wenn nun aber der Gesamthaushalt eines Landes, etwa der Schuldenabbau, als Kriterium gilt, ist das nicht akzeptabel.

Werden Fördermittel nun also an von Auflagen für den Wachstums- und Stabilitätspakt geknüpft?
Wenn in dem Beschluss von Haushaltsdisziplin die Rede ist, ist genau das zu befürchten. Arme Länder könnten hier erpresst werden. Die LINKE war deshalb strikt gegen eine solche Verknüpfung.

Und trotzdem stimmt sie zu?
Die Entscheidung darüber ist in der Fraktion noch nicht gefallen.

Fragen: Uwe Kalbe

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