Als der Alte Fritz noch jung war

2012 jährt sich zum 300. Mal der Geburtstag von Preußenkönig Friedrich II. – die Vorbereitungen laufen auf Hochtour

  • Karin Nölte
  • Lesedauer: 5 Min.
Die glücklichste Zeit seines Lebens habe er fern von seinem strengen Vater als Kronprinz auf Schloss Rheinsberg verbracht, sagte Friedrich II. einst.
Die glücklichste Zeit seines Lebens habe er fern von seinem strengen Vater als Kronprinz auf Schloss Rheinsberg verbracht, sagte Friedrich II. einst.

»Er wäre 300 geworden«, wird es im Jahr 2012 bis zum Abwinken heißen. Friedrich II., »Eff Zwo«, der »Große«, der »Alte Fritz« wird eine ungeheure mediale Bugwelle anschieben. Bevor die ganz großen Ausstellungen, Tagungen und anderes Showgeschäft über die Bühne gehen, besinnen sich Reiseregionen »am Rande« Berlins und Potsdams auf ihre Potenziale. Zum Beispiel der Brandenburger Landkreis Ostprignitz-Ruppin im Norden des Landes, der ein reichhaltiges Programm »Sans souci im Ruppiner Land« initiierte.
Hier verbrachte der Kronprinz einen wichtigen Teil seiner Jugend, bereitete sich der »Junge Fritz« darauf vor, einmal ein »Großer« zu werden. Und erstaunlich viele Spuren kann der historisch und kulturell interessierte Tourist an einem oder besser mehreren Reisetagen durch die weite wie schöne märkische Natur des spärlich besiedelten Landstrichs entdecken. Städte, Dörfer, Institutionen und Vereine bereiten sich mit großem Engagement auf das Jubiläum vor. Beginnen könnte man in Neuruppin oder Rheinsberg; hier kommandierte er ein Infanterieregiment, dort richtete er sein Schloss als Wohnsitz ein. Acht Jahre verbrachte er – noch ohne Sorgen – in der Region.

»Der Kronprinz Friedrich in Neuruppin« heißt eine Sonderausstellung des städtischen Museums ab 22. Januar, die sich mit dem Regimentschef und Gartengestalter befasst. Vom Exerzierplatz zum Amalthea-Garten mit dem gerade wiederhergestellten Tempel – Fontanes »Wanderungen« erhalten diese Zeit lebendig. Im Tempelgarten wollte der junge Schöngeist in Treibhäusern Südfrüchte ernten, doch »hier wollte keine Melone reif werden, so gerne ich auch gewollt, dass ich meinem gnädigsten Vater die Erstlinge des Jahres hätte schicken können«, schrieb er 1739. So wird mitten in der historischen Altstadt mit einem Gewächshaus als interaktivem Kunstprojekt über sechs Monate als »Ort des Gedeihens« Friedrichs Entwicklung vom Prinzen zum Staatsmann nachgezeichnet – mit Levkojen, Kirschen und Melonen. Gegen Jahresende wird dann ein internationaler Lichtdesign-Workshop die Spuren Friedrichs illuminieren: das 1787 beim Stadtbrand vernichtete Prinzenpalais, die Prinzenpforte, die ihn durch die Stadtmauer in seinen Tempelgarten führte, und den Apollotempel.

Schloss, Park und die Stadt Rheinsberg waren der »Musenhof« der Prinzenbrüder Friedrich und Heinrich, blieben über drei Jahrhunderte und sind heute wieder die Folie, auf der Kunst gedeiht. Bei einem Rundgang durch die Räume des Schlossmuseums – gerade wird der Spiegelsaal restauriert – trifft der Besucher ab 4. August auf »Präsente für den Jubilar«. An vier Ausstellungsorten wird Friedrich in authentischer Atmosphäre vorgestellt: als Bauherr, Ehemann, Visionär und Stratege sowie Gartengestalter. In einem zweiten Teil präsentiert das Kurt-Tucholsky-Literaturmuseum eine Friedrichrezeption: als Tourismusmarke, in den Festspielen, im Schulbuch, in der »Bücherbar«, in der Musik und im Bild.

Rheinsberg ist aber heute auch wieder eine Inspirationsquelle der Musik. Die vor 20 Jahren gegründete Musikakademie des Bundes und des Landes Brandenburg wartet mit einem umfangreichen Programm auf. Im Fokus steht Friedrich als Komponist. In Anlehnung an seine 70 Solfeggien – Übungsstücke für Flöte – werden 70 zeitgenössische Solfeggien für Friedrich erklingen. Ein Höhepunkt dürfte am Pfingstsonntag das Projekt »300 Flöten für Friedrich« werden, wenn 300 Flötisten den Schlosspark musikalisch in Szene setzen. Schließlich steuert die Kammeroper Rheinsberg nicht nur den seit 20 Jahren beliebten Festivalsommer bei, sie nimmt auch die Oper »Kronprinz Friedrich« von Prof. Siegfried Matthus wieder ins Programm auf.

Auf dem flachen Land machen kleinere, aber gewichtige Initiativen auf ihre Schätze aufmerksam. Das politisch nicht unumstrittene private Brandenburg-Preußenmuseum im Zietendorf Wustrau konzentriert sich auf Friedrich als praktischen Aufklärer. Eine Sonderausstellung ab 22. Januar thematisiert sein Wirken für Reformen in Schule, Bildung, Justiz und Verwaltung. So manches Exponat könnten sich heute politisch Agierende hinter die Ohren schreiben.

Weiter hinein ins Grüne erreicht der Reisende den Kolonistenhof Großderschau, der mit seinem Museum über die Urbarmachung und Besiedlung von Rhinluch und Dossebruch unter Friedrich II. informiert. Im dörflichen Ambiente lebt die 300 Jahre alte königliche Butter-Akademie auf, hier können aus vergangenen Kolonistenzeiten Landmaschinen, Sägewerk, Ziehbrunnen, Göpelwerk und Lehmbackofen bewundert werden. Gegenüber lädt eine Kirche im klassizistischen Stil ein, die auf Befehl Friedrichs 1785 erbaut wurde und – noch eine Überraschung – dem Grundriss der Potsdamer Garnisonkirche folgte. All das hält ein rühriger Verein am Leben, dessen Mitglieder sich für Besucher auch in alten Trachten kleiden.
Wer totale Ruhe sucht, findet sie im Kloster Stift zum Heiligengrabe. Vom Verhältnis Friedrichs zum Stift wird ab 12. Mai in der erstmals der Öffentlichkeit zugänglichen Kapitelstube der Abtei eine Ausstellung zeugen. Kurz nach seiner Thronbesteigung verlieh er den Stiftsdamen den Orden »Par grace« zum »Zeichen freier landesherrlicher Gnade, Huld und Protektion«, womit das Kloster »Pour la conversation de la maison royale« verpflichtet wurde, zur Fürbitte für das Königshaus. Sehenswert ist die historische Stiftsbibliothek auch mit Werken Friedrichs und Voltaires.

Auf nach Zernikow. Das dortige Gut schenkte Friedrich II. 1740 seinem Kammerdiener und treuen Freund Fredersdorff, den er seit seiner Festungshaft in Küstrin 1730 kannte und mit dem er gemeinsam Flöte spielte. Fredersdorff errichtete Gutshaus, Ziegelei, Ställe, Brauerei und Park und legte eine Maulbeerallee für die Seidengewinnung an. Ehrenamtlich müht sich ein Verein um die Sanierung des Gutshauses, weiterer Gebäude und Außenanlagen. Ein Stück der Maulbeerallee ist noch erhalten, hier gewinnen die Vereinsmitglieder Blätter für die Raupen, denen der Besucher beim Kokonspinnen zuschauen kann. Die Maulbeeren werden übrigens aufs Köstlichste verarbeitet.

Das Kulinarische soll bei all den historischen und kulturellen Erlebnissen nicht zu kurz kommen, waren doch Friedrichs Tafelfreuden legendär. 16 Gaststätten und Hotels haben sich in der Literatur schlau gemacht, um »Speisen wie der Alte Fritz« kredenzen zu können. Darunter sind der Tempelgarten in Neuruppin, das Gut Zernikow und der »Alte Fritz« in Rheinsberg – gelegen gleich neben dem »Jungen Fritz«. Alle sorgen

  • Infos: TMB Tourismus Marketing Brandenburg GmbH, Am Neuen Markt 1, 14467 Potsdam, Tel.: (0331) 200 47 47, Fax: (0331) 298 73 28, E-Mail: service@reiseland-brandenburg.de, www.reiseland-brandenburg.de
  • Weitere Infos unter: www.kronprinz-friedrich.de; www.ruppiner-reiselandschaft.de; www.museum@neuruppin-stadt.de; www.brandenburg-preussen-museum.de; www.kammeroper-rheinsberg.de; www.musikakademie-rheinsberg.de; www.grossderschau.de; www.klosterstiftzumheiligengrabe.de; www.initiative-zernikow.de; www.galerie-am-bollwerk.de
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