Mrs. Cochrane machte alles klar

Vor 125 Jahren erhielt eine Frau das Patent auf den ersten brauchbaren Geschirrspüler

  • Eckart Roloff
  • Lesedauer: 3 Min.
Wer das Auto erfunden hat, das Radio, die Glühbirne - das ist längst bekannt und oft erzählt. Über andere Selbstverständlichkeiten unseres Alltags weiß man viel weniger. Kaum jemand ahnt, dass zum Beispiel hinter den ersten Waschmaschinen zwei evangelische Pfarrer stecken, Friedrich Stender und Jacob Christian Schäffer, die vor knapp 250 Jahren daran tüftelten.

Und wie ist das mit dem Geschirrspüler? Ihn verdanken wir einer Frau, von der ebenfalls nur Experten etwas wissen. Ihr Name: Josephine Cochrane, geboren 1839. Mit 19 Jahren heiratete sie in Illinois einen Mr. Cochran, einen Kaufmann und Politiker, dessen Namen sie gelegentlich um ein »e« bereicherte. Mit ihrem William hatte sie offenbar eine gute Partie gemacht und in viele Partys eingeheiratet. Das aber hatte unerwünschte Folgen: Bei rauschenden Festen ging manches Porzellan zu Bruch; da war auch feinstes aus dem 17. Jahrhundert dabei. Das störte Mrs. Cochrane gewaltig. Doch weil es für eine feine Dame »shocking« war, selbst abzuwaschen - dafür hatte man Personal -, blieb ihr nur eine Wahl: für das schonende und möglichst auch schnellere Spülen eine passende Maschine zu erfinden. Das hatten schon einige Männer versucht, ohne großen Erfolg. Vielleicht war es gut, dass Cochranes Vater Ingenieur war und ihr Großvater John Fitch als Dampfschiffpionier bekannt wurde. Nach viel Bastelei und manchen Tests, bei denen ihr ein Mechaniker namens George Butters half, bekam sie für ihren »dish-washer« ein US-Patent. Das war 1886, also vor 125 Jahren.

Cochrane hatte sich als Behälter für einen Kupferkessel entschieden, in dem ein Motor ein Laufrad mit Öffnungen antrieb; so wurde das hinzugegebene heiße Wasser verteilt. Sie hatte gut überlegt, wie ein Drahtkorb für all die Platten, Teller und Tassen konstruiert sein muss. Als Spülmittel gab es Seifenlauge; Reiniger à la Somat, Calgonit und Primax kannte man natürlich noch nicht.

Die Neuheit sprach sich in den technikbegeisterten USA rasch herum, zunächst aber nur bei Restaurants und Hotels. Einige orderten die neue Maschine. Und so stellte sich die Erfinderin auf eigene Füße (ihr Mann war 1883 mit 52 Jahren gestorben) und gründete die erste Firma, die Spülmaschinen produzierte; sie ging später in das heute noch existierende Unternehmen »KitchenAid« auf. Für normale Haushalte war diese Erfindung noch nichts - zu teuer.

1893, auf der Weltausstellung von Chicago, erhielt Cochrane sogar den Preis für »die beste mechanische Konstruktion, Stabilität und Zweckerfüllung«. Die Quellen berichten aber auch, dass die Konstrukteurin wohl nicht selbst ausstellen durfte - das war nur etwas für Männer. Nebenbei: Bei derselben Weltausstellung hatte auch der Reißverschluss seinen Auftritt - und der elektrische Stuhl.

Schon als Cochrane den neuen Helfer ihren Freunden vorgeführt hatte, waren die begeistert. Nicht aber die Hausmädchen ringsum. Die fürchteten um ihre Arbeitsplätze. Ähnlich war es bei den ersten Waschmaschinen des Pfarrers Schäffer, der 1718 in Querfurt (Sachsen-Anhalt) geboren wurde. Sein Durchbruch störte die Waschweiber, die ebenfalls um Lohn und Brot bangten. Der Pfarrer jedoch rechnete ihnen in einem frühen Fall von Technikfolgenabschätzung vor, dass genug Arbeit bleibt. Auch mit den ersten Geschirrspülern war nicht alles gleich erledigt. Es dauerte Jahrzehnte, bis beide Geräte zum Standard unserer Haushalte wurden.

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