Arsen und Brautsträußchen

Peter Hacks' »Inspektor Campbells letzter Fall« amüsiert im Kriminaltheater

  • Lucía Tirado
  • Lesedauer: 3 Min.

Etwas geheimnisvoll wollte das Berliner Kriminaltheater bezüglich des Autors Saul O'Hara bleiben. Nicht jedem auf die Nase binden, wer sich hinter dem Namen verbarg. Aber die Spatzen pfeifen es von den Dächern. Kriminaltheater? Die spielen doch jetzt ein Stück von Peter Hacks! Der Fall ist also geklärt.

Die Sache um das zwölfte Stück im Repertoire des Hauses aber hat was von einem Geniestreich. Schon wegen des DDR-Autors Hacks, dem Fuchs, der mit seiner Frau Anna Elisabeth Wiede den irischen Schriftsteller O'Hara und dessen Biografie erfand und sich unter weiterem Pseudonym als Übersetzer dessen Stücks »Risky Marriage« einem Münchner Verlag anbot. So wurde »Heiraten ist immer ein Risiko« des Kommunisten Hacks alias Saul O'Hara im Kalten Krieg 1963/1964 fleißig im westlichen Deutschland gespielt. Erstaufführung war am Staatstheater Stuttgart.

Manche sagen, Hacks wollte sich Westkohle verdienen. Mag sein. Er hatte Marx verstanden. Vielmehr jedoch bereitet heute noch Vergnügen, wie er damals das »kapitalistische Ausland« narrte. Das Stück eines Roten wollte dort niemand. Er soll es vorher versucht haben. Dann eben so. Heiterkeit ist die höchste Stufe des Bewusstseins. Auch Marx. Im Osten brachte Hacks den Stoff 1971 mit Komponist Siegfried Matthus als »Noch ein Löffel Gift, Liebling?« auch auf die Opernbühne.

Im Kriminaltheater heißt die Persiflage eines typisch englischen Kriminalstücks »Inspektor Campbells letzter Fall«. Es sei Kriminal-Boulevard im besten Sinne, sagt Wolfgang Rumpf, der künstlerische Chef. Zusammen mit Matti Wien brachte er das Stück nach zweiwöchigen Proben heraus. Der Inszenierungsversuch eines hausfremden Regisseurs war schief gegangen. Theater ist immer ein Risiko. Eine Absage des Stück war undenkbar. Der Termin stand.

Was man bei der Premiere sah, war gut gespielt. Rumpf hat das vergnügliche Stück wohltuend auf zwei Stunden gekürzt. Es besaß jedoch noch nicht den von ihm gewohnten sprachlichen Feinschliff.

Die Komödie mit Vorspiel und zwei Akten ist inhaltlich ebenso gewitzt wie seine einstige Vermarktung. Nur noch vier Wochen trennen Inspektor Campbell von der Pensionierung. Bis dahin will er unbedingt noch einen Fall lösen. Auf dem Kieker hat er eine Witwe und einen Witwer, die er verdächtigt, jeweils sechs Ehepartner ungestraft um die Ecke gebracht zu haben. Campbell ist nicht entgangen, dass die beiden reichen Alten in Brighton nun wieder auf der Jagd nach neuen Opfern sind. Er macht sie miteinander bekannt. Wird sein Plan zum Selbstläufer?

Souverän gibt Manfred Borges den alten Inspektor. Als Lydia Barbent, die zu Mrs. Brocklesby wird, ist Vera Müller eine bezaubernde Vergifterin. »Bis dass der Tod uns scheidet« verspricht ihr Peter Groeger ulkig als sich überlegen fühlender Oberst John Brocklesby die Treue. Er erholte sich zwischen Fango und Tango (Tango wäre übrigens die ideale Musik zum Stück) dafür am Meer. Gegenseitig halten sie sich für blöd. Selbstverständlich ein fataler Fehler. Alte Weisheit: Unterschätze niemals dein Gegenüber!

Für das dramaturgische Drumherum schrieb Hacks die Handlung um ein Heim für gefallene Mädchen. Als deren vom Idealismus angestachelte Chefin Honoria Dodd ringt Gundula Piepenbring um Sponsoren. Ihre zwei fragwürdigen Beratungsmuster Jennifer und Poll spielen verschlagen Kathrin Osterode und Anne Greis. Dazwischen schlingert der schön naiv von Sebastian Freigang verkörperte junge Lehrer Lance Fletcher. Bleibt der keine Miene verziehende Butler Perkins. Das Publikum mag Kai-Peter Gläser dabei. Sicher auch ohne alberne Hopser.

20.10., 20 Uhr, 22.10., 16 u. 20 Uhr, Kriminaltheater, Palisadenstr. 48, Friedrichshain, (030) 42 80 94 97, www.kriminaltheater.de

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