Der Kampf beginnt erst

Standpunkt von Martin Ling

  • Lesedauer: 1 Min.

Die Sieger schreiben die offizielle Geschichte. Das wird im Fall Libyen nicht anders sein. Der Sturz Muammar al-Gaddafis nach 42-jähriger Alleinherrschaft, die er im Zweifelsfall immer auch mit Gewalt zu verteidigen bereit war, kam unter massivem Gewalteinsatz der NATO zustande: 26 000 Lufteinsätze hatten den laut UNO-Resolution vorgegebenen Zivilistenschutz bestenfalls als partiellen Nebeneffekt und gingen sicher nicht ohne menschliche »Kollateralschäden« vonstatten, deren Dimension zumindest vorerst ein streng gehütetes Geheimnis bleibt.

Der Regimewechsel stand über allem und vereinte die NATO mit den heterogenen Aufständischen, die von radikalen Muslimen bis hin zu säkular-westlich orientierten Demokratiebewegten reichen, wie sie auf dem Kairoer Tahrir-Platz zu Beginn der ägyptischen Rebellion die Szenerie prägten.

Gaddafi ist Geschichte, was nach ihm kommt, ist offen - wenn man vom freien Zugang des Westens zu den reichen Ölquellen absieht. Jahrzehntelang hat der Westen weit mehr über Ressourcen als über Menschenrechte nachgedacht und alle Diktatoren hofiert, die zur Zusammenarbeit bereit waren - einschließlich des zeitweise verfemten Gaddafi. Für diese Scheinheiligkeit haben nun viele Menschen in Libyen und darüber hinaus mit dem Leben bezahlt. Der Kampf in Libyen zwischen Traditionellen von moderat bis radikal und den Demokratiebewegten ist mit dem Tod Gaddafis nicht beendet - er beginnt erst. Ägypten lässt grüßen.

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