Vom Osten Konversion lernen

Bundeswehrreform schont neue Bundesländer

  • Lesedauer: 2 Min.
Das Standortkonzept des Verteidigungsministeriums trifft den Osten weniger stark. Und doch sind die Folgen gravierend. Auch Parteien, die wie die LINKE für den Abbau der Bundeswehr sind, müssen mit den wirtschaftlichen Folgen umgehen.

Berlin (nd-Kalbe/dpa). Zwar müssen sich auch die neuen Bundesländer auf Stellenstreichungen gefasst machen, allerdings fällt der Abbau nicht so scharf aus wie etwa in Schleswig-Holstein, Bayern oder Baden-Württemberg. Berlin verliert von jetzt 5200 Stellen (Soldaten und Zivilbeschäftigte) nur 200 und wird überdies Standort des Führungskommandos der Luftwaffe, das sich derzeit in Köln-Wahn befindet. Dies geht aus dem am Mittwoch in Berlin vorgestellten Bundeswehrkonzept hervor. Die Ost-Ministerpräsidenten reagierten zumeist erleichtert. Das Bundesverteidigungsministerium habe Augenmaß bewiesen, sagte etwa Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). »Die gemeinsamen Anstrengungen haben sich gelohnt.«

Ob allerdings die Aussage korrekt ist, dass das Verteidigungsministerium den Argumenten aus dem Osten gefolgt sei, wonach strukturschwache Regionen von der Bundeswehr als Wirtschaftsfaktor besonders abhängig sind, bezweifelt Peter Ritter. Das Bundesverteidigungsministerium werde sich bei seinen Entscheidungen eher von Effektivitätsüberlegungen beim Umbau einer Verteidigungs- in eine weltweit agierende Invasionsarmee leiten lassen haben als von Milde gegenüber dem Osten, vermutet der Innen- und friedenspolitische Experte der Landtagsfraktion der LINKEN in Schwerin. Zudem weist er darauf hin, dass der Osten schon zwei Konversionswellen hinter sich hat - nach der Schließung von Kasernen der NVA und der sowjetischen Streitkräfte.

Auch sei der Osten von einer zweiten Welle von Kasernenschließungen im Jahr 2001/2002 erneut besonders betroffen gewesen. Von Vorteil sei allerdings, dass dabei viele Erfahrungen gemacht wurden, die jetzt von Nutzen sein könnten, wenn man denn auf sie zurückgreifen wolle, meint Ritter. Er verweist auf eine Konversionspartnerschaft in Mecklenburg-Vorpommern zwischen Landesregierung, Kommunen, Bundeswehr und Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten.

Da sei bundesweit viel zu lernen. Denn die Folgen von Standortschließungen sind dramatisch, wie Ritter am Beispiel des Standorts in Stavenhagen erläutert. Von ehemals über 9000 Einwohnern gebe es jetzt noch 6500. Nicht nur Kasernengelände seien von Schließung betroffen, sondern Wohnhäuser, die rückgebaut werden mussten, Kitas, die zumachten, von vier Schulen ist eine geblieben. Kaufkraftverlust und Einbruch der regionalen Wirtschaft seien weitere Folgen. Mit Landesförderprogrammen hätten besonders Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg betroffenen Kommunen zu helfen versucht. Doch die Mittel seien begrenzt und ohne Unterstützung durch Bundesmittel sei beim jetzt geplanten Umfang der Schließungen eine vernünftige Konversion nicht vorstellbar.

Relativ wenig betroffen sind die Länder Brandenburg (minus 15,9 Prozent auf 7400), Sachsen (minus 20,0 Prozent auf 3600) und Sachsen-Anhalt (minus 21,4 Prozent auf 4400). Mecklenburg-Vorpommern muss auf rund ein Viertel der Stellen verzichten, hat dann aber immer noch 10 600. Das am härtesten getroffene Saarland gibt dagegen fast jede zweite Stelle ab.

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