So'n Schiet, Piet!

Theatergeist zeigt eine Strandläufergeschichte

  • Lesedauer: 3 Min.

Fremden gegenüber schippern Leuten von der Ostsee die Worte nicht gerade flott über die Lippen. Aber wenn sie dann mal loslegen, bekommt man eine Geschichte von Anfang bis Ende auseinanderklamüsert. So etwas kann locker schöne 40 Minuten dauern, auch wenn die Leuchtturmwärtertochter Marike sagt, dass sie eigentlich gerade keine Zeit hat. Sie will nämlich mit ihrem Liebsten tanzen gehen. Doch auf der Suche nach ihrem zweiten schicken Schuh findet sie ihre alte Schatzkiste. Unweigerlich kommen mit den darin gesammelten Dingen Kindheitserinnerungen auf.

Nach dem Kinderbuch von Miriam Koch »Keentied - oder die Kunst, ins Glück zu fliegen« entwickelte Theatergeist sein neues Stück »Kleiner Piet, was nun? - eine meerchenhafte Vertüddelung«. Die erste Aufführung vor Publikum gab es in der Schaubude.

Unter Regie von Friederike Krahl spielt Annegret Geist die Marike und den ganzen Kladderadatsch drum herum. Sie bedient sich des Tüddelkrams aus der Schatzkiste. Darunter ist auch ihr alter Kassettenrekorder »MKR 126«. Den kann sie zeitweise gut für die musikalische Begleitung brauchen. Und einiges zaubert sie aus den Taschen ihres raffiniert ausgedachten Mantelkostüms von Simone Pätzold.

Ein kleines Fernrohr wird zum Leuchtturm. Aus Fensterkitt formt sie den Leuchtturmwärter, tja und Piet, den kleinen Vogel natürlich, um den sich alles dreht. Die ganze Welt, könnte man sagen, denn die an zwei Punkten befestigte und dadurch zu wendende runde Tischplatte, auf der sich vieles abspielt, ist nicht nur die Ostsee, sondern auf der Rückseite auch eine Weltkarte. Hier ist die Ostsee, da ist die Tundra.

Piet aus der Vogelfamilie der Strandläufer ist jung und auf seinem Weg für jede Ablenkung zu haben. Am Strand ist es schön. Geht die Welle, läuft man hinterher. Kommt die Welle, läuft man vor ihr weg. Solche und viele andere Dinge lernen die Zuschauer ab vier Jahren ganz nebenbei über die Vogelart.

Aber zunächst verfolgen sie Piets Weg. Er besieht sich schöne Steine und übt unterwegs tanzen, zeigt Annegret Geist mit den Fingern einer Hand. Aber Piet soll um 12 Uhr am Steg sein. Von dort aus fliegen alle Strandläufer zum Brutgebiet in die 8000 Kilometer entfernte Tundra ab. Als er endlich am Steg ankommt, sind alle schon weg. Und er denkt zunächst, er sei der erste. »Piet der Erste«, ruft er aus. Doch er hat sich vertüddelt. So'n Schiet, Piet!

Wie er nun versucht, trotz des Spotts der Möwen den anderen Strandläufern hinterher zu fliegen, auf einer Insel landet, in einer kleinen Ölkanne über die See schippert, schließlich bei Fischern ins Netz geht und sich nun dort vertüddelt, können die junge Zuschauer erleben. »Jetzt ist er gestorben«, sagt ein Mädchen in der Voraufführung, nachdem sie das verknäuelte Netz sah, in dem sich der Vogel verfangen hatte. »Issa nicht, gar nicht«, beharrt der Junge neben ihr. Zu Recht, denn so eine Geschichte findet selbstverständlich immer ein gutes Ende.

Und bevor Theatergeist zum Gastspiel nach Graz abfliegt, ist Gelegenheit das Stück zu sehen. Und wer's vertüddelt, der wartet eben ab. Piet kommt garantiert zurück.<

5. und 6..11., 15 Uhr, Schaubude, Greifswalder Str. 81, am 9.11., 10 Uhr, Helene-Nathan-Bibliothek, Karl-Marx-Str. 66

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