Union verkauft seine »Seele« an die Fans
Beim 1. FC Union Berlin können von Fans und Zuschauern Aktien für den Umbau des Stadions An der Alten Försterei erworben werden
Es war ein heiß ersehnter Sieg des Fußball-Zweitligisten 1. FC Union Berlin. Das 2:1 der Köpenicker bei Eintracht Braunschweig am Freitag beendete eine Serie von neun sieglosen Auswärtsspielen. Doch schon einen Tag später hatten die Anhänger ein ganz anderes Gesprächsthema. »Manchmal werden die sportlichen Dinge überlagert von Sachen, die ich nicht verstehe. Das verstehe ich. Ich finde die Aktion einfach genial«, sagte Union-Trainer Uwe Neuhaus über die Aktienpläne rund um den Neubau der Haupttribüne im Stadion An der Alten Försterei.
Diese konnte bei den Bauarbeiten 2008/2009 im Gegensatz zu den drei anderen Traversen aus Kostengründen nicht modernisiert werden. Um bei der Finanzierung des nun anstehenden 15-Millionen-Euro-Projekts für 3520 Zuschauer inklusive der überlebenswichtigen 1654 VIP-Plätze günstiger weg zu kommen, beabsichtigt der Verein, mal wieder seine treuen Fans ins Boot zu holen. Von denen hatten mehr als 2000 schon bei der Modernisierung des Stadions in den Jahren 2008 und 2009 mehr als 140 000 Arbeitsstunden geleistet.
Da der Bau der neuen Tribüne diesmal Profis überlassen werden muss, geht Union einen völlig neuen Weg zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit. Der Verein will Anteile der Alten Försterei an Fans und Sponsoren veräußern. »Wir haben beschlossen, unsere Seele zu verkaufen. An unsere Vereinsmitglieder«, sagte Union-Präsident Dirk Zingler vor der Außerordentlichen Mitgliederversammlung des Vereins am kommenden Sonntag (13.30 Uhr). Nun haben die Mitglieder einige Tage Zeit, sich vorab mit der Materie zu beschäftigen.
Derzeit beträgt das Stammkapital der aus der Stadionbetriebsgesellschaft Unions hervorgegangenen Aktiengesellschaft 3,5 Millionen Euro. Diese werden vom 1. FC Union e.V., den Firmen von Präsident Dirk Zingler, Präsidiumsmitglied Jörg Hinze und Aufsichtsrat Hans-Joachim Lesching sowie Aufsichtsrat Thomas Koch als Privatperson gehalten.
Bis zu 58 Prozent der Eigentumsanteile der Spielstätte sollen in Form von Aktien angeboten werden. Die erhoffte Einnahme in Höhe von fünf Millionen Euro würde das Stammkapital auf 8,5 Millionen Euro erhöhen.
10 000 Aktien zum Preis von 500 Euro können zwischen dem 1. und 31. Dezember 2011 gezeichnet werden. Einer feindlichen Übernahme wurde ein Riegel vorgeschoben. Kaufberechtigt sind nur Mitglieder und Sponsoren des 1. FC Union. Jede Person darf maximal zehn Aktien erwerben. Vermutlich werden die Fans keine Gewinne erwarten. Vielmehr geht es um den symbolischen Wert. Die Aktie dürfte bei vielen Käufern einen Ehrenplatz an der Wand im Wohnzimmer finden.
Für Zingler ist das eine »dosierte Kommerzialisierung«. Bei Union soll weiterhin das Fußballerlebnis im Vordergrund stehen. »Das heißt, ein Eckball wird bei uns nicht von einem Sponsor präsentiert«, sagte Zingler. Auch der Verkauf oder die Vermarktung des Stadionnamens - für die Traditionalisten im Verein das größte Horrorszenario - stehe nicht zur Debatte. »Das ist die Alte Försterei. Die wird nie die Hakle-feucht-Arena sein. Beim Stadionnamen braucht man für einen Änderungsbeschluss eine Zweidrittel-Mehrheit«, stellte Zingler klar.
Die Finanzierung der Tribüne soll sogar unabhängig von der Aktienausgabe über die Bühne gehen. »Sie hat nur mittelbar damit zu tun, weil man dann weniger Darlehen in Anspruch nehmen müsste«, so Union-Sprecher Christian Arbeit.
Auf der Mitgliederversammlung am 13. November soll die Finanzierung erläutert werden. Baubeginn ist unmittelbar nach dem Ende dieser Spielzeit. In der Saison 2012/13 sinkt die Kapazität des Stadions bei laufendem Spielbetrieb von 18 432 auf rund 17 000 Zuschauerplätze. Nach der Fertigstellung sollen 21 136 Besucher in die Alte Försterei passen.
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