Zeitdruck zwang Nepals Parteien zur Einigung
Maoisten ließen sich auf Kompromisse ein
Die Vereinte KPN (Maoistisch), die KPN (Vereinte Marxisten-Leninisten), der Nepali Congress und die Vereinte Demokratische Madhesi-Front glauben, ihnen sei der Durchbruch gelungen. Premier Baburam Bhattarai sprach von einer »historischen« Übereinkunft als Basis für die Vollendung des Friedensprozesses.
»Unlösbar« schien bisher die Aufgabe, ehemalige maoistische Guerilleros, die seit dem Sturz der Monarchie im Jahre 2008 kaserniert sind, in die reguläre Armee oder das Zivilleben einzugliedern. Nun aber sollen maximal 6500 von knapp 20 000 Kämpfern der einstigen Volksbefreiungsarmee in eine Sondereinheit für Entwicklungsaufgaben aufgenommen werden. Diese Truppe, in der die Guerilleros nicht mehr als 35 Prozent der Mannschaftsstärke ausmachen dürfen, soll beispielsweise beim Forstschutz, bei der Sicherung von Industrieanlagen und fürs Krisenmanagement eingesetzt werden. Für den Rest der maoistischen Kämpfer gibt es ein Wiedereingliederungspaket, das schulische und berufliche Ausbildung, Arbeitsangebote oder eine finanzielle Abfindung enthält.
Im Interesse einer solchen Lösung hat die Führung der Maoisten weitgehende Konzessionen gemacht. Ihr radikaler Flügel unter Parteivize Mohan Baidya Kiran lehnt den Kompromiss denn auch ab, spricht von einem »Betrug des Volkes und des Landes« und droht mit Revolte. Laut Abkommen erklärt sich die KPN (M) zudem bereit, alle in ihrem Besitz befindlichen Waffen abzugeben, während des Krieges (1996-2006) beschlagnahmtes Land zurückzugeben und die paramilitärische Struktur ihrer Jugendliga aufzulösen.
Innerhalb eines Monats sollen eine Wahrheits- und Versöhnungskommission sowie ein Gremium zur Untersuchung »erzwungenen Verschwindens« gebildet werden. Denn noch immer ist das Schicksal tausender Nepalesen in Zeiten der Monarchie und des Krieges ungeklärt.
Schließlich wird umgehend ein Expertenteam formiert, das Empfehlungen für den Verfassungstext gibt. Wie der Oberste Gerichtshof entschieden hat, muss der Text des Grundgesetzes am 30. November vorliegen. Danach könnte die Amtszeit des Verfassungskonvents, des provisorischen Parlaments, nochmals bis zu Neuwahlen verlängert werden. Bei der Arbeit am Verfassungsentwurf stritt man sich bisher beispielsweise um Formulierungen zum Charakters und zur Form des angestrebten Bundesstaates und zur Demokratisierung der nepalesischen Armee, die traditionell die Monarchie absicherte, jetzt aber unter zivile Kontrolle gestellt werden soll.
Der seit Ende August regierende Premier Baburam Bhattarai (KPN-M) sieht in dem Abkommen den Schlüssel für die baldige Umwandlung seines Koalitionskabinetts in eine Regierung der nationalen Einheit. Als ersten Schritt haben die vier Parteien in der vorigen Woche eine »Eingreiftruppe« aus Spitzenvertretern gebildet, die den Friedensprozess und die Arbeit am Verfassungsentwurf überwacht. Sollte das Abkommen Früchte tragen und die Hoffnungen der Bevölkerung erfüllen, könnte Bhattarai als erfolgreichster Regierungschef seit der Proklamation der Republik im Mai 2008 in die Geschichte eingehen.
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