Koalition beschwört Vorzeige-Projekt
SPD und CDU feiern die angestrebte Zusammenarbeit von Charité und Max-Delbrück-Centrum
(dpa). Noch ist der Koalitionsvertrag von SPD und CDU in Berlin nicht fertig, doch im Abgeordnetenhaus klopften sich die Koalitionäre in spe gestern schon einmal auf die Schultern. Die in den Verhandlungen beschlossene Kooperation der Universitätsklinik Charité mit dem Max-Delbrück-Centrum für molekulare Medizin sei »nicht weniger als eine wissenschaftspolitische Sensation«, sagte Nicolas Zimmer (CDU). Sein SPD-Kollege Thomas Isenberg kündigte an, der Beschluss sei ein »Vorgeschmack auf den frischen Wind, der durch Berlin wehen wird«.
Das Parlament diskutierte die Pläne in seiner Aktuellen Stunde. Der scheidende Bildungssenator Jürgen Zöllner (parteilos) nannte die stärkere Zusammenarbeit der Forschungsbereiche der Einrichtungen eine »riesige Chance« für Berlin. So solle ein international wettbewerbsfähiger Standort für Spitzenforschung entstehen.
Auch Oppositions-Vertreter begrüßten die Zusage von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU), die neue gemeinsame Dachorganisation finanziell zu unterstützen. Während die Charité vom Land bezahlt wird, trägt der Bund das Max-Delbrück-Centrum zu 90 Prozent. »Damit kommen wir weg vom Kooperationsverbot, dem aus meiner Sicht unseligen Ergebnis der Föderalismusreform«, sagte der Christdemokrat Zimmer.
Anja Schillhaneck (Grüne) warnte jedoch vor allzu großen Erwartungen: »Es möge keiner meinen, nur weil Frau Schavan ein paar Millionen gefunden hat, hätten sich unsere Finanzierungsprobleme in Luft aufgelöst.« Auch Senator Zöllner wies darauf hin, Berlin müsse bei der Umsetzung des Vorhabens ab 2017 etwa 15 Millionen Euro jährlich beisteuern.
Die Linkspartei reklamierte die Urheberschaft des Projektes für die scheidende rot-rote Koalition. »Dass die CDU versucht, sich den Erfolg ebenfalls ans Revers zu heften, hat etwas Peinliches«, sagte Wolfgang Albers. Außerdem löse die Kooperation nicht den Sanierungsstau an der Charité oder Finanzierungsschwierigkeiten in der Krankenversorgung. »Das strukturelle Defizit der Charité bleibt erhalten.« Die Opposition klagte außerdem, es lägen bislang keine konkreten Vorschläge vor: »Wir diskutieren hier eigentlich über nichts«, sagte Martin Delius (Piratenpartei).
Durch die Bank zollten die Abgeordneten dagegen dem scheidenden Bildungssenator Zöllner Respekt für seine Arbeit. Der präsentierte das ambitionierte Kooperationsprojekt als sein Vermächtnis. »Ich habe fünf Jahre versucht, hier nach einer Vision zu arbeiten«, sagte Zöllner, »dass Berlin die Hauptstadt der Wissenschaft in Deutschland wird und bleiben soll.« Er forderte die Abgeordneten auf, das Vorhaben zum gemeinsamen Projekt zu machen.
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