Rütteln an der Hürde

Nach dem Karlsruher Urteil zur Europawahl halten die Diskussionen an

  • Lesedauer: 2 Min.
Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch die in Deutschland geltende Fünfprozenthürde bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für verfassungswidrig erklärt. Seitdem wird darüber diskutiert, ob die Wahlgesetze geändert werden müssen.

Berlin (Agenturen/nd). Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht zur Unzulässigkeit der Fünf-Prozent-Hürde bei der Europawahl hält der Verfassungsrechtler Hans-Herbert von Arnim weitere Wahlrechtsklagen für aussichtsreich. »Aufgrund der Urteilsbegründung wären eventuell auch Klagen gegen die derzeitige Form der Fünf-Prozent-Hürde auf Bundes- und Landesebene nicht ohne Erfolgschancen«, sagte von Arnim dem »Mannheimer Morgen« vom Donnerstag.

Die Karlsruher Richter hätten klargestellt, dass die Gleichgewichtung der Wählerstimmen und die Chancengleichheit der Parteien nur so weit eingeschränkt werden dürften, »wie dies unbedingt erforderlich ist«. Er brachte die Möglichkeit ins Gespräch, die Stimmen von Parteien, die an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sind, bei der Sitzverteilung im Parlament künftig nicht mehr zu berücksichtigen. Bislang werden sie proportional auf die Parteien aufgeteilt, die den Einzug ins Parlament geschafft haben.

LINKEN-Fraktionschef Gregor Gysi sprach sich dafür aus, die Fünf-Prozent-Hürde auch bei Bundestags- und Landtagswahlen abzuschaffen. Gysi sagte im »Deutschlandfunk«, seine Partei wolle juristische Schritte für eine Verfassungsklage prüfen: »Wir werden dann den Weg gehen, der uns am ehesten als zulässig erscheint und mit dem wir dann auch zum Bundesverfassungsgericht kommen.« Auch wenn Bundestagspräsident Norbert Lammert das nicht wünsche, »jetzt sind wir in einer Diskussion«, sagte Gysi. Die Fünf-Prozent-Hürde verfälsche Wahlergebnisse. Scheitere eine Partei an der Hürde, würden ihre Stimmen prozentual auf die erfolgreichen Parteien angerechnet, erläuterte Gysi. »Da wird eine Partei mit 4 oder 4,5 Prozent gewählt und stellt keine Abgeordnete und keinen Abgeordneten. (...) Das heißt, wir kriegen einen Sitz mehr von Stimmen, die uns gar nicht gewählt haben.« Die Wähler sollten aber seiner Ansicht nach auch entsprechend ihrem Wunsch im Parlament vertreten sein.

Bereits am Mittwoch wandte sich sich die bayerische Kleinpartei ÖDP in einem offenen Brief an die Parteien von acht Europaparlamentariern und forderte sie dazu auf, dass diese von ihren Mandaten zurücktreten sollten. »Sie sollten den rechtmäßig gewählten ›kleinen‹ Parteien den ihnen zustehenden Platz im Europaparlament einräumen«, erläuterte die parteilose bayerische Landtagsabgeordnete Gabriele Pauli den Vorstoß.

Das Bundesverfassungsgericht hatte am Mittwoch die in Deutschland geltende Fünf-Prozent-Hürde für nicht verfassungsgemäß erklärt. Zur Begründung verwiesen die Richter auch darauf, dass das Europaparlament anders als Bundestag und Länderparlamente keine Regierung wählt, für die eine stabile Mehrheit erforderlich ist. Die Karlsruher Richter lehnten jedoch Neuwahlen ab, weil der Wahlfehler nur einen geringen Anteil der Abgeordneten des deutschen Kontingents beträfe.

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