Geheimdienstkontrolle ein Phantom

LINKE steht zum Abbau von 30 Stellen beim Verfassungsschutz

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Von der viel beschworenen und oft behaupteten parlamentarischen Kontrolle der Geheimdiensttätigkeit in Deutschland kann nach Auffassung von Linksfraktionschefin Kerstin Kaiser keine Rede sein. »Es gibt ein paar Ansätze in dieser Richtung«, sagte sie gestern. Kaiser war selbst als Mitglied der parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) für die Aufsicht über den brandenburgischen Verfassungsschutz zuständig. Doch sei sie »niemals der Meinung gewesen«, dass eine umfassende, demokratische Kontrolle von Geheimdiensten möglich sein könne. Wirkliche Transparenz in diesem Punkt, wäre »ein Widerspruch in sich«.

Auf die Tagesordnung kam das Thema, nachdem jetzt rechtsgerichtete Morde und eine mögliche Verstrickung des Verfassungsschutzes in die Struktur der mutmaßlichen Täter bekannt wurden. Ein wesentliches Argument in der Vergangenheitsdebatte ist außerdem, dass die bundesdeutschen Geheimdienste - im Unterschied zum DDR-Ministerium für Staatssicherheit - demokratisch kon-trolliert seien und daher dessen Winkelzüge und Erkenntnisse nicht via einer Unterlagenbehörde veröffentlicht werden müssten.

Auch nach Ansicht von Kaisers Stellvertreter Stefan Ludwig ist die Annahme, man könne Geheimdiensttätigkeit tatsächlich transparent machen, paradox. Das antwortete er auf die Frage, ob er den Eindruck habe, er kontrolliere als gegenwärtiges PKK-Mitglied die Verfassungsschutzbehörde. »Wir erfüllen unseren gesetzlichen Auftrag«, setzte er hinzu. Und die Einschränkungen hinderten ihn nicht daran, seine Arbeit in der Kommission ernst zu nehmen.

Mit Blick auf die thüringischen Ereignisse warnte Kaiser vor der Annahme, »das Heil in der Aufstockung der Verfassungsschutzbehörden zu suchen«. Hinter solchen Zielen stehe ein »dickes Fragezeichen«. Bei der notwendigen Bekämpfung von faschistischen Bestrebungen, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und der Wiederbelebung von NS-Gedankengut hätten Geheimdienste erfahrungsgemäß wenig Nutzen gebracht und wenig Erfolg gehabt.

Die aktuellen Ereignisse stehen aus Kaisers Sicht nicht dem Ziel der rot-roten Koalition entgegen, in der Abteilung Verfassungsschutz des Innenministeriums 30 Stellen abzubauen. Die Behörde widme sich derzeit verschiedenen Aufgaben, »die originär dort nicht hingehören«. Dabei nannte Kaiser Analysen sowie Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Eine Kritik dieses Tätigkeitsspektrums sei angezeigt.

Nach früheren Aussagen der Verfassungsschutzbehörde befasst sich die Hälfte ihrer Kapazität mit Neonazis. Ein Viertel der märkischen Verfassungsschützer beschäftigt sich demnach mit dem militanten Islamismus und das verbleibende Viertel teilt sich die Beobachtung von Linksextremismus, Spionage und anderen Strömungen.

Das Problem auch in Brandenburg sind weniger feste rechtsex-treme Parteistrukturen als rechtsextrem geprägt Jugendcliquen. Als Zentren galten in der Vergangenheit Angermünde, Belzig, Bernau, Cottbus, Frankfurt (Oder), Perleberg, Potsdam, Prenzlau, Rathenow und Wittstock. Die von den Cliquen ausgehende Gewalt gegen Ausländer oder gegen Menschen, »die anders sind«, ist »für uns nicht vorhersehbar«, räumte der Verfassungsschutz vor einiger Zeit ein. Gewalt entstehe in diesen Kreisen spontan als Ausfluss von rechtsextremer Gesinnung, Alkohol und Gruppendynamik.

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