Vertrauensabstimmung in Griechenland

Zustimmung zu neuer Regierung gilt als sicher

  • Lesedauer: 2 Min.
Nach drei Tagen Debatte über das Regierungsprogramm sollte das griechische Parlament gestern Abend Ministerpräsident Papademos das Vertrauen aussprechen. Linksradikale Gruppen wollen heute demonstrieren.

Athen (Agenturen/nd). Zustimmung im Parlament, aber Angst vor weiterer Gewalt auf den Straßen: Der neue griechische Ministerpräsident Lucas Papademos konnte voller Zuversicht in die für Mittwochabend geplante Vertrauensabstimmung gehen. Die Parteien, die den früheren Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank unterstützen, stellen zusammen mehr als 250 der insgesamt 300 Abgeordneten. Wegen geplanter Proteste gegen den Sparkurs der neuen Regierung zog die Polizei derweil in Athen ein Großaufgebot zusammen.

Papademos war am vergangenen Donnerstag von Staatspräsident Karolos Papoulias mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt worden. Sie soll das hoch verschuldete Euro-Land vor dem drohenden Staatsbankrott bewahren. Bei der Vorstellung seines Regierungsprogramms im Parlament hatte der 64-Jährige klargemacht, dass Griechenland am Scheideweg stehe.

Bei der am Mittwochmorgen fortgesetzten Parlamentsdebatte über das neue Regierungsprogramm äußerten fast alle Redner Zustimmung zu seinen Plänen. Aufgrund einer namentlichen Abstimmung wurde das Ergebnis der Vertrauensfrage erst für den späten Abend erwartet.

Trotz der raschen Regierungsneubildung ist die Auszahlung einer weiteren, dringend benötigten Finanzspritze in Höhe von acht Milliarden Euro keineswegs sicher. Ohne dieses Geld kann die Regierung Löhne und Renten nur noch bis Mitte Dezember zahlen. Am kommenden Montag will Papademos deshalb nach Brüssel reisen und sich mit dem Präsidenten des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, und Kommissionspräsident José Manuel Barroso beraten.

Aus Protest gegen die hohen Schulden des Staates bei der Elektrizitätsgesellschaft (DEI) schalteten Gewerkschaftsmitglieder der DEI am Mittwochmorgen den Strom im Gebäude des Gesundheitsministeriums in Athen ab. »Das Ministerium schuldet unserer Gesellschaft 3,8 Millionen Euro. Das kann so nicht weitergehen«, sagte der Generalsekretär der DEI-Gewerkschaft, Kostas Katsaros, im griechischen Radio.

Für heute kündigten mehrere linke Organisationen in Athen Proteste an. Die Polizei befürchtete erneute Krawalle in der Hauptstadt. Deshalb sollen nach Medienberichten mehr als 7000 Beamte im Einsatz sein. Die geplanten Demonstrationen fallen mit dem 38. Jahrestag des blutig niedergeschlagenen Studentenaufstandes gegen das Militärregime am 17. November 1973 zusammen. Der Studentenaufstand im Athener Polytechnikum gilt als Höhepunkt des Widerstandes der Griechen gegen die Militärregierung unter den Diktatoren Georgios Papadopoulos und Dimitrios Ioannidis. Mit den Protesten soll in diesem Jahr auch an die weltweite »Occupy«-Bewegung angeknüpft werden, die vor zwei Monaten in Nordamerika entstand.

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