Ethecon-Stiftung ehrte und schmähte wieder
Blue Planet Award 2011 für Angela Davis, Black Planet Award für die Tepco-Chefs
Auf der Bühne im Berliner Pfefferwerk stehen zwei Trophäen: der von Fotokünstlerin Katharina Mayer elegant gestaltete Positivpreis und ein von Schmutzstreifen überzogener Plastikglobus für den Negativpreis. Die Stiftung Ethecon honoriert seit 2006 jährlich mit dem Blue Planet Award Menschen für ihr großes Engagement für unseren Planeten und prangert gleichzeitig mit dem Black Planet Award diejenigen an, die Zerstörungen auf der Erde verursachen. »Die beiden internationalen Preise sind zwei Seiten einer Medaille«, erklärt der Ethecon-Gründungsstifter Axel Köhler-Schnura. Ziel sei ein echter gesellschaftlicher Wandel, denn Profit dürfe nicht als Richtlinie für Gesellschaft, Wirtschaft und Ökologie dienen.
Den inhaltlichen Auftakt zur gut besuchten Veranstaltung macht Steffi Ober, Referentin für Agrogentechnik und Biodiversität vom Naturschutzbund Deutschland (NABU). Engagiert und kenntnisreich referiert sie über Gentechnik im Spannungsfeld zwischen Ethik, Wirtschaft und Wissenschaft. Die Bundesregierung setze unter dem Deckmantel, den Welthunger bekämpfen zu wollen, nach wie vor auf Technologie- und Produktentwicklung. Einzige Lösung, bilanziert die NABU-Referentin, sei das unangenehme Wort Konsumverzicht. Doch das wolle die Regierung noch immer nicht aussprechen.
Während die Bürgerrechtlerin Angela Davis angereist ist, um ihre Auszeichnung entgegenzunehmen, wurden die Tepco-Chefs nicht eingeladen. Ihre Schmährede hält der Berliner Politikwissenschaftler und Attac-Mitglied Elmar Altvater. Der GAU im japanischen Atomkraftwerk Fukushima sei auch eine Folge von Fehlmanagement, sagt er. »Die vermaledeiten Tepco-Leute sind verantwortlich und deswegen ist die Schmährede nicht nur zu rechtfertigen, sondern auch notwendig.« In Fukushima habe es Wartungsmängel gegeben und das Vorsorgeprinzip sei verletzt worden. Die »Nukleokratie« sei auch eine schwere Bedrohung der Demokratie und das nukleare Zeitalter sollte mit dieser Katastrophe sein Ende gefunden haben. Altvater plädiert für alternative Energiequellen als einzige Lösung.
Und dann ist es soweit. Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, hält die Laudatio für die Trägerin des Ethecon Blue Planet Award 2011. Er berichtet aus dem Leben und vom Wirken einer ungewöhnlich mutigen Frau. Sie mischte sich in den 60er Jahren in die Kämpfe der schwarzen Bürgerrechtsbewegung ein. 1970 wurde sie unter kons-truierten Beschuldigungen festgenommen und ihr drohte lange Zeit die Todesstrafe. Gern erinnert Gregor Gysi an die DDR-Solidaritätsaktion »Eine Millionen Rosen für Angela«. Die Aktivistin kam frei und engagiert sich seitdem gegen Rassismus, für die Rechte Strafgefangener, gegen die Todesstrafe und für die Gleichberechtigung der Frauen. Angela Davis, erklärt Gysi, habe sich aus freien Stücken zu einem Kampf für die Freiheit entschieden und dafür bewunderten wir sie alle.
Unter viel Applaus nimmt die Menschenrechtsaktivistin den Preis entgegen. In den USA säßen heute weitaus mehr Menschen im Gefängnis als das vor einem halben Jahrhundert der Fall war, berichtet sie. Anstatt Menschen in Gewinn produzierende Gefängnisse einzusperren, müssten Bildung, Krankenversicherung und Mindestlöhne gewährleistet werden. »Wir brauchen Menschen, die Gewalt ablehnen und die sich um Ozeane, Pflanzen und Tiere kümmern.« Ihrer Rede folgen Standing Ovations. Und Gudrun Rehmann aus dem Ethecon-Vorstand wünscht sich Angela Davis als Präsidentenberaterin.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!