Die Enkelkinder und der Streit um das Umgangsrecht für Oma und Opa
Verweigern die Eltern den Großeltern auch noch den Umgang mit ihrem Enkel, kann für Oma und Opa eine Welt zusammenbrechen. Was also tun, um den Kontakt zum Nachwuchs aufrecht zu erhalten? Die D.A.S. Rechtsschutzversicherung erläutert nachfolgend die Rechte von Großeltern und Eltern.
In Erziehungsfragen nicht immer einer Meinung
Braucht die Sechsjährige schon ein Handy, ist ein Partybesuch des pubertierenden Enkels bis Mitternacht wirklich angebracht? Über Erziehungsfragen sind Eltern und Großeltern nicht immer einer Meinung. Doch es gilt: »Großeltern dürfen sich nicht in die Erziehung einmischen, sondern müssen den Erziehungsvorrang des Sorgeberechtigten akzeptieren«, betont Anne Kronzucker, Juristin der D.A.S. Rechtsschutzversicherung. Dieser Vorrang bleibt sogar dann bestehen, wenn einem Elternteil das Sorgerecht teilweise oder ganz abgesprochen wurde (OLG Brandenburg, Az. 9 UF 176/09).
Andererseits haben Großeltern ein Recht auf einen Umgang mit dem Enkel, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient (§ 1685 I BGB). »Die sogenannte Kindeswohldienlichkeit ist allerdings ein dehnbarer Begriff und kann in der Praxis verschieden ausgelegt werden«, weiß die Juristin Anne Kronzucker. Kommt es gar zum Prozess, entscheidet das Gericht je nach Einzelfall, ob den Großeltern ein Umgangsrecht gewährt wird. Hierbei spielt die Familienkonstellation übrigens keine Rolle! Egal, ob die Eltern des Kindes verheiratet, geschieden, ledig, mit oder ohne Sorgerecht sind: Großeltern, Geschwister und - unter bestimmten Voraussetzungen - auch andere enge Bezugspersonen, haben grundsätzlich ein Recht auf Umgang mit dem Nachwuchs - vorausgesetzt dies ist zum Wohl des Kindes.
Was bedeutet das Umgangsrecht?
Wenn Eltern der Ansicht sind, dass der Kontakt zu Oma und Opa dem Nachwuchs nicht gut tut, haben sie das Recht, den Umgang zu verweigern. In manchen Fällen kann es helfen, einen neutralen Dritten als Vermittler hinzuzuziehen - etwa im Rahmen einer Mediation.
Bleiben jedoch alle Gespräche ergebnislos und möchten die Großeltern trotzdem den Umgangswunsch zu ihrem Enkel durchsetzen, dann bleibt nur der Gang vors Gericht. Rechtlich gesehen befinden sich hier die Kindeseltern in der besseren Ausgangsposition. Denn die Großeltern müssen beweisen, dass ihr Kontakt mit dem Enkelkind für dessen Wohlbefinden wichtig ist. Die Chancen sind größer, wenn der Umgang zum Nachwuchs noch nicht lange abgebrochen ist.
Der Tipp der D.A.S. Rechtsexpertin Anne Kronzucker: »Großeltern sollten möglichst schnell handeln, um die eigenen Erfolgschancen auf den Umgang zu erhöhen.« Ein weiterer Vorteil ist außerdem eine nachweislich enge Beziehung zwischen Oma, Opa und Kind, mit deren Wegfall dem Kindeswohl nicht gedient wäre. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Großeltern den Nachwuchs regelmäßig betreut haben.
Doch selbst, wenn die Großeltern das Umgangsrecht zugesprochen bekommen, bedeutet dies nicht, dass Oma und Opa massiven Einfluss auf die Erziehung der Enkel ausüben dürfen. Der Erziehungsvorrang der Eltern bleibt weiterhin bestehen!
Wenn das Gericht entscheiden muss ...
Treffen sich die Großeltern mit den Eltern des Kindes vor Gericht, wägt dieses je nach Einzelfall die Interessen des Kindes sowie von Eltern und Großeltern ab. So hat zum Beispiel das Amtsgericht Bergheim den Großeltern ein Umgangsrecht gewährt - trotz bestehender Konflikte mit den Eltern. Das Gericht war der Auffassung, dass die Streitigkeiten keinen Einfluss auf das Kindeswohl hätten. Zudem beträfen die Konflikte nur die Erwachsenen, welche wiederum angehalten seien, diese nicht vor den Kindern auszutragen (Amtsgericht Bergheim, Az. 63 F 207/01).
Dagegen lehnte das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt den Antrag der Großeltern auf ein Umgangsrecht mit dem Enkel ab. Die Begründung: Der Kontakt zu dem Enkel würde in einem spannungsgeladenen Umfeld stattfinden. Dies wiederum diente nicht dem Wohl des Kindes und könnte belastende Loyalitätskonflikte hervorrufen (Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt, Az. 4 UF 123/07).
Vereinfachend kann man sagen, dass die Gerichte bei gängigen Konflikten zwischen Eltern und Großeltern oft keinen Grund sehen, einen Umgang mit den Enkeln zu verweigern. Bei einem gänzlich zerrütteten Verhältnis oder aktiven Versuchen der Großeltern, massiv in die Erziehung einzugreifen oder gar den Eltern die Kinder wegzunehmen, sieht dies jedoch völlig anders aus.
Mediation kann Gerichtsprozesse vermeiden
Selbst wenn der Gang vor Gericht für eine Entscheidung über den Umgang der Kinder mit den Großeltern sorgt, führt so ein Urteil nicht selten zu einem zerrütteten Verhältnis - belastend für Kinder und Erwachsene.
»Eine Alternative zum Gerichtstermin und eine Chance auf einen dauerhaften Familienfrieden bietet die Mediation«, so Anne Kronzucker. Bei dieser außergerichtlichen Hilfe setzt sich ein sogenannter Mediator mit den Konfliktparteien an einen Tisch. Im Mediationsgespräch haben dann beide Streitparteien die Möglichkeit, die Lösung ihres Konflikts selbst auf den Weg zu bringen, anstatt mit einer »fremden« Richterentscheidung leben zu müssen.
Fakt ist aber: Der Mediator fällt keine Entscheidung und gibt keine Lösung vor. Stattdessen finden die Beteiligten selbst einen gerechten Ausgleich und entscheiden auch gemeinsam über die dazu erforderlichen Mittel.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.