Stammspieler

Sergej Naryschkin will künftig »ernste Diskussionen« in der russischen Staatsduma leiten

  • Detlef D. Pries
  • Lesedauer: 2 Min.

Mit 238 Stimmen wurde Sergej Naryschkin am Mittwoch zum Präsidenten der Staatsduma gewählt. Gerade so viele Abgeordnete stellt die Regierungspartei Einiges Russland. Die Oppositionsparteien hatten eigene Kandidaten für das höchste Parlamentsamt nominiert, blieben aber chancenlos.

Immerhin versprach Naryschkin für die Zukunft eine »parlamentarische Debatte«. Sein Vorgänger Boris Gryslow hatte Debatten in der Duma noch für überflüssig erklärt. »Ernsthaft und konkret« müssten die Diskussionen allerdings sein, verlangte der Neue. Nicht umsonst geht dem 57-jährigen gebürtigen Leningrader der Ruf voraus, überaus diszipliniert und akkurat zu sein. Fraglich nur, ob er mit seiner Forderung bei Abgeordneten wie dem zügellosen Nationalisten Wladimir Shirinowski Erfolg hat.

Naryschkin ist Stammspieler in der Mannschaft Wladimir Putins, den der gelernte Ingenieur für Rundfunktechnik, der später auch ein Ökonomiestudium absolvierte, angeblich seit gemeinsamer Lehre an der KGB-Aufklärerschule kennt. Danach arbeitete Naryschkin einige Zeit an der sowjetischen Botschaft in Belgien. Ende der 90er Jahre zog er in die Verwaltung des Petersburg umgebenden Leningrader Gebiets ein, 2004 holte ihn Putin jedoch nach Moskau. Dort leitete er den Regierungsapparat im Rang eines Ministers, ab 2007 als Vizepremier. 2008 wurde er schließlich zum Leiter der Präsidialverwaltung ernannt. Unter anderem saß er der Kommission vor, die der »Fälschung der Geschichte zum Nachteil Russlands« entgegenwirken soll. Naryschkin war es, der Moskaus damaligen Bürgermeister Juri Lushkow 2010 von seiner bevorstehenden Absetzung informierte. Als er das Ausmaß der Korruption in Moskau »maßlos« nannte, verklagte ihn Lushkow wegen Beleidigung, erfuhr vom Gericht aber eine Abfuhr.

Inzwischen dreht sich das Personalkarussell weiter: Naryschkins Platz als Chef der Präsidialverwaltung nimmt nun der bisherige Vizepremier und frühere Verteidigungsminister Sergej Iwanow ein. Der galt schon mal als Favorit fürs Präsidentenamt, bevor sich Putin für Medwedjew als »Tauschpartner« entschied. Jetzt ist Iwanow wenigstens oberster Kanzleichef des Präsidenten.

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