»Geh' an Bord, verdammt«

  • Hanns-Jochen Kaffsack, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.

Die dramatischen Bilder der gekenterten »Costa Concordia« gehen um die Welt. Und Italien hat einen neuen Helden gefunden: Fregattenkapitän Gregorio De Falco. Der 46-Jährige hatte im Hafenamt in Livorno Dienst, als die »Costa Concordia« vor der toskanischen Insel Giglio kenterte. Entrüstet redete er in der Unglücksnacht auf den Kapitän ein: »Geh' an Bord zurück, verdammt!« Seine eindringlichen Forderungen finden sich in allen Medien - mitsamt den merkwürdigen Antworten Schettinos wie: »Nein, ich bin nicht an Bord, weil das Schiff untergeht.« Vor allem das Internet ist voller Lobeshymnen auf De Falco, der seit dem Unglück nonstop die Rettungsarbeiten koordiniert.

»Er hat vor Wut geweint«, wird ein Vorgesetzter De Falcos in der »La Repubblica« zitiert. Demnach sagte De Falco: »Ja, ich weine, aber ich denke nicht, dass das eine Schwäche ist, Menschlichkeit ist keine Schwäche.« Im nächtlichen Funkgespräch mit dem Kapitän konnte De Falco seine Wut nicht verbergen: »Gehen Sie an Bord und sagen Sie mir, wie viele Menschen an Bord sind - ob Frauen, Kinder und Hilfsbedürftige dort sind.« Fluchend und drohend redete der Chef der operativen Sektion des Hafenamtes auf Schettino ein. Noch während De Falco die Rettungsarbeiten koordiniert, feiert ihn die Internetgemeinde. »De Falco for President« hieß es bei Twitter. De Falco sei das Gesicht des besseren Italien und ein Symbol, an das man glauben könne. Er stehe für ein Land, das sich an Regeln halte - »gegen das des Bunga-Bunga«, hieß es in Anspielung an die Affären des Ex-Premiers Silvio Berlusconi. Doch sei das Land auch noch »voller Schettinos«.

Der Hafenamts-Kommandant kommt wie Schettino aus der Region Kampanien. Er wuchs auf der Insel Ischia auf, zog später nach Norditalien. Er arbeitete in Ligurien, leitete drei Jahre lang das Hafenamt von Santa Margherita Ligure. Danach ging es nach Livorno.

De Falcos Frau wundert sich über das viele Lob für ihren Mann. Sie finde es besorgniserregend, »dass Menschen, die einfach nur jeden Tag ihre Pflicht tun, in diesem Land plötzlich Idole werden, Persönlichkeiten, Helden«, wird sie zitiert. Auch De Falco selbst macht nicht viel Aufhebens. »Hört auf, von mir zu reden, bitte«, zitieren ihn italienische Medien. »Es ist meine Aufgabe zu retten.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -