Schaulaufen für den Wahlkampf
Saarbrücker Landtag macht mit Selbstauflösung den Weg für Neuwahlen am 25. März frei
Zum - wahrscheinlichen - Abschied aus dem Landtag hatten die Liberalen dem Parlament noch eine namentliche Abstimmung über den von CDU und SPD eingebrachten Auflösungsantrag beschert, dem die LINKE und die Grünen, die beide selbst Neuwahlen gefordert hatten, zugestimmt haben. Die ausgeprägte Lust der Saar-FDP an Selbstzerfleischung hatte Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) den willkommenen Anlass zur Kündigung der ungeliebten Koalition bei gleichzeitiger Trennung von den Grünen geliefert. Zwischenzeitliche Sondierungen für eine Große Koalition zwischen CDU und SPD waren zugunsten von Neuwahlen beendet worden.
Ex-Wirtschaftsminister Christoph Hartmann (FDP) sieht in den Neuwahlen und der anschließend in Aussicht gestellten Großen Koalition nur noch ein »klägliches Politiktheater«, das den Wähler rund eine Million Euro kosten werde. Für Hartmann war es der letzte Landtagsauftritt, er hatte seinen Rückzug aus der Landespolitik bereits Anfang der Woche verkündet.
Lafontaine bezweifelt »stabile Verhältnisse«
Oskar Lafontaine, Fraktionschef der Linkspartei, wies auf die Frage vieler Wähler angesichts der Pläne von CDU und SPD hin, warum sie bei der nur allzu klaren Ausgangslage überhaupt noch wählen sollten. Selbst die Frage, wer Ministerpräsident bei etwa gleichstarken Partnern werde, spiele letztlich keine entscheidende Rolle. Lafontaine zog ohnehin in Zweifel, ob eine Große Koalition die »stabilen Verhältnisse« bringen werde, die CDU und SPD derzeit beschwören. Schließlich gebe es »keine Übereinstimmung in wesentlichen Punkten«, wie etwa beim Mindestlohn oder der Leiharbeit, in beiden Punkten habe Kramp-Karrenbauer »Schauanträge im Bundesrat« bislang abgelehnt. Dasselbe gelte für eine andere Steuerpolitik mit dem Ziel einer Einnahmeverbesserung für die öffentlichen Haushalte. Insofern sei es »Augenwischerei«, wenn man den Wählern vormache, alles sei bereits »in trockenen Tüchern«. Lafontaine forderte zudem die möglichen künftigen Regierungspartner erneut auf, vor der Wahl zu sagen, wo sie sparen wollen und wie viele Arbeitsplätze im Öffentlichen Dienst wegfallen sollen und warnte vor einem »Betrugsmanöver«.
Kramp-Karrenbauer wiederum bezeichnete Neuwahlen als »alternativlos«, wenn man wichtige Entscheidungen in einer Übergangsregierung nicht bis nach den nächsten Wahlen hinausschieben wollte. Zudem brächten die Wahlen eine Legitimation für volle fünf Jahre. Eine Große Koalition bereits jetzt hätte lediglich den Charakter einer Übergangsregierung gehabt. Aus Sicht von SPD-Chef Heiko Maas geht es in den nächsten Jahren um nicht weniger als die Existenzsicherung des Saarlandes als eigenständiges Bundesland. Bis zu einer von ihm erwarteten Föderalismuskommission III nach der Bundestagswahl müsse das Land durch eigene Anstrengungen Beweise erbringen, damit es nicht von anderen »wegrationalisiert« werde.
Schuldenbremse entzweit Rot-Rot
Die Einhaltung der Schuldenbremse sei erforderlich, um die im Gegenzug zugesagten 260 Millionen Euro Konsolidierungshilfen pro Jahr zu erhalten. Diese könnten zwar die Haushaltsnotlage nicht beenden, aber ohne die Zuweisungen gingen die Handlungsspielräume »gegen Null«, betonte Maas. Insofern könne man zur Schuldenbremse »sehr unterschiedliche Auffassungen« vertreten, aber »sie existiert«. In dieser »existenziellen Frage« sei für ihn deshalb klar, dass SPD und LINKE »nicht zusammenkommen können und werden«.
Nach dem Schlagabtausch im Landtag wird im Saarland ein zwar kurzer, aber umso heftigerer Wahlkampf erwartet. Der Landesvorstand der Linkspartei wollte noch am Donnerstagabend Oskar Lafontaine zum Spitzenkandidaten nominieren, den Wahlkampfauftakt will er gemeinsam mit Sahra Wagenknecht am kommenden Montag in der saarländischen Kreisstadt Homburg bestreiten.
Nach der aktuellen Projektion des ZDF-Politbarometers wäre im Saarland neben einer Großen Koalition auch eine rot-rote Koalition möglich. Demnach liegt die SPD derzeit mit 38 Prozent vor der CDU mit 34 Prozent, die LINKE kommt auf 13 Prozent. Die Grünen blieben mit sechs Prozent im Landtag, für die Piraten (derzeit fünf Prozent) wird es noch eine Zitterpartie. Dass die FDP nicht mehr im nächsten Landtag vertreten sein wird, gilt dagegen als sicher.
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