Bittere Schule des Lebens
Ein Blick auf Israel
BAGRUT LOCHAMIM
(Soldier/Citizen)
Dass es einem Soldaten im Feld nicht gut damit geht, wenn er sich mit Zweifeln an den Zielen seines Einsatzes konfrontiert sieht, das weiß man nicht erst, seit deutsche Soldaten in Afghanistan sich über den mangelnden moralischen Rückhalt in der Bevölkerung beschweren. Man muss den Einsatz der Soldaten nicht gutheißen, um dennoch deren existenzielles Problem mit einer Todesgefahr zu begreifen, die daheim wenig gilt. Frei nach dem Prinzip: Selber schuld!
Wie aggressiv junge israelische Soldaten mit der Zumutung umgehen, etwa auch die Menschenrechte der Palästinenser verteidigen zu sollen, gegen die sie viele Tage des Jahres Dienst an der Waffe taten, das lässt sich im Film »Soldat/Bürger« von Silvina Landsmann beobachten. Ein Beitrag im »Forum« des Festivals.
Der Film erlaubt einen faszinierenden Einblick in jene drei Wochen Bürgerschaftskunde samt Abschlussprüfung, welche israelische Rekruten absolvieren müssen, wenn sie zu Ende ihrer dreijährigen Militärzeit einen zuvor versäumten Schulabschluss im Schnelldurchlauf nachholen möchten.
Es sind Schulstunden voller wütender Debatten und ungläubigen Nachfragens, voller Rückverweise auf die Verfassung und voll offensiv vertretener Vorurteile. Alle Palästinenser sind da schon mal von vornherein Terroristen, ein offener Job schon deshalb an einen Juden zu vergeben, weil der ihn selbstredend besser macht - die Araber haben eben Pech gehabt, dass sie als Unterdrückte geboren wurden. Und die Orthodoxen, die drücken sich um den Wehrdienst, möchten aber gern verteidigt werden. Und Pluralismus? Das klingt wie ein feindliches Fremdwort, das mit dem Alltag möglichst wenig zu tun haben sollte.
Der Ausbildungsleiter, der Arabisch-Kurse in Kasernen ankündigt und zu mehr Respekt an den Checkpoints mahnt, muss sich jedenfalls mit spärlichem Applaus zufriedengeben. Dass die Durchfallquote bei der Bürgerkunde höher liegt als im neunwöchigen Schnellkurs für höhere Mathematik - eine Statistik, die man nach dieser Filmstunde nachvollziehen kann. Mit dem Lehrer freilich, einem Hünen von Zivilisten mit Stiernacken, grauen Haarstoppeln und sehr viel Geduld angesichts der oft unreflektierten Einwürfe seiner Schüler auf Zeit - mit ihm haben Soldaten wie Regisseurin viel Glück gehabt.
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