»Des mog a jeda!«
Am Mittwoch werden zum vierten Mal Biathlon-Weltmeisterschaften in Ruhpolding eröffnet
Die Schaufenster sind schon seit Tagen mit den Fahnen der Nationen geschmückt. In der Chiemgau Arena liegt genügend Schnee, nur im Champions Park wird noch an den Bühnen geschraubt, auf denen heute die Eröffnungsfeier steigt und ab morgen die besten Biathleten der Welt ihre Medaillen und Pokale bekommen. Ruhpolding ist gerüstet für die Weltmeisterschaften und den Ansturm hunderttausender Fans.
So unsicher die Prognosen sind, wer die Glasstatuen auf goldenen, silbernen und bronzenen Sockeln letztlich mit nach Hause nehmen darf, so überzeugt sind die Ruhpoldinger, dass ihre WM eine ganz besondere wird. »Das wird ein Erlebnis für alle Sportler und Betreuer. Eine WM in den bayerischen Bergen inmitten eines Biathlon-Booms - das toppt fast sogar Olympia«, sagt der deutsche Co-Trainer Fritz Fischer. Und Kollege Ricco Groß, nach dem in der komplett neuen Arena sogar ein Haus benannt wurde, meint: »Die Vorfreude ist überall zu spüren. Diesen positiven Schwung muss man mitnehmen.«
386 Athleten aus 45 Nationen wollen an den Start gehen. Bei den ersten Titelkämpfen im Chiemgau 1979 waren es gerade einmal 83 Teilnehmer aus 23 Ländern. Mittlerweile laufen auch die Frauen mit dem Kleinkalibergewehr auf Ski durch den Wald und ziehen die Zuschauer ins Stadion. Kaum ein Plakat, auf dem nicht Magdalena Neuner strahlt. Die Wallgauerin ist das Zugpferd ihrer letzten WM. Mit 25 hört sie bekanntlich am Saisonende auf.
»Alles Neuner, oder was?«, fragt die offizielle WM-Broschüre und antwortet selbstverständlich gleich selbst mit Nein. Besonders die deutschen Männer haben nach vielen schwächeren Jahren wieder eine schlagkräftige Mannschaft am Start, die sich so einiges zutraut. Der Titelverteidiger im Sprint, Arnd Peiffer, will eine Medaille und möglichst in allen sechs Rennen um diese kämpfen. Er hat genau wie Lokalmatador Andreas Birnbacher schon zwei Siege in diesem Jahr erlaufen.
Ausgerechnet Michael Greis, der das deutsche Männerteam in den vergangenen Jahren oft allein in der Weltspitze verkörpert hatte, musste in dieser Saison von Verletzungen und Krankheiten geplagt viele Rennen auslassen. Doch auch er hat rechtzeitig wieder seine Form gefunden. »Ich komme nicht nur zum Schaulaufen«, versichert der Olympiasieger von 2006.
Bei den Frauen ist die Weltspitze dagegen kleiner geworden. »Es ist schwerer, in den Kreis der Siegläuferinnen hineinzustoßen«, sagt Neuner. »Umso schöner, dass ich dabei bin und meistens sogar ganz vorn.« Acht Einzelsiege feierte sie seit Dezember. Da erscheint ihre Zielstellung gar nicht mehr so utopisch: Sechs Medaillen will sie haben. Damit hat sie sich gleich mal selbst für jeden möglichen Wettkampf aufgestellt, was die Trainer jedoch nicht stört. »Wenn die Lena gesund bleibt, wird sie in jedem Rennen starten«, bestätigt Frauencoach Gerald Hönig, der für die morgige Mixedstaffel auch Altmeisterin Andrea Henkel nominieren wird. Die beiden anderen Plätze ergatterten sich Peiffer und Birnbacher.
Nach dem letzten Trainingslager in Südtirol, in dem Rückkehrer Michael Rösch krankheitsbedingt doch noch aus dem WM-Team fiel, kamen die deutschen Athleten am Montag mit Vorfreude, aber auch viel Respekt vor dem Megaevent nach Ruhpolding. 57 Fernsehkameras übertragen live in alle Welt. Bis zu 30 000 Fans werden jeden Tag erwartet, die von 1100 Helfern mit 8000 Litern Glühwein, 30 000 Litern Bier und 1500 Kilo Leberkäs versorgt werden. Bei so vollgestopften Fans wird der Plan von OK-Chef Claus Pichler sicher aufgehen: »Am Ende sagen alle: Biathlon - des mog a jeda!«
Deutsches WM-Team
Frauen
Tina Bachmann (Schmiedeberg)
Juliane Döll (Oberhof)
Miriam Gössner (Garmisch)
Andrea Henkel (Großbreitenbach)
Franziska Hildebrand (Clausthal-Zellerfeld)
Magdalena Neuner (Wallgau)
Männer
Andreas Birnbacher (Schleching)
Daniel Böhm (Buntenbock)
Florian Graf (Eppenschlag)
Michael Greis (Nesselwang)
Arnd Peiffer (Clausthal-Zellerfeld)
Simon Schempp (Uhingen)
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