Verdammte oder Verfluchte

Polen feiert die »Helden des antikommunistischen Untergrunds«

  • Julian Bartosz, Wroclaw
  • Lesedauer: 2 Min.
Heute, am 1. März, wird in Polen der »Nationale Gedenktag für die verdammten Soldaten« begangen. Es ist ein Staatsfeiertag.
Grabmal des Unbekannten Soldaten in Warschau.
Grabmal des Unbekannten Soldaten in Warschau.

Als patriotisches Beispiel für die heranwachsende Jugend sollen in Aufmärschen, Messen, Feierstunden, wissenschaftlichen Konferenzen und Schulstunden, wie auch durch Kranzniederlegungen - unter anderem am Grabmal des Unbekannten Soldaten in Warschau - »die Helden der zweiten Konspiration, des antikommunistischen Untergrunds 1944-1950 gegen Aggression und Okkupation der Sowjets« geehrt werden.

So will es das von Staatspräsident Bronislaw Komorowski eingebrachte Gesetz, das am 3. Februar fast einstimmig vom Sejm angenommen wurde. Zugestimmt haben auch 31 von 35 anwesenden Abgeordneten des Bündnisses der Demokratischen Linken (SLD). Die sich in Polen Linke nennen, akzeptierten damit die Behauptung der Rechten, wonach das polnische Volk nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs streng zweigeteilt war: Während die wahren Patrioten in den Wäldern blieben, um mit der Waffe in der Hand gegen die neuen Okkupanten für ein freies Polen zu kämpfen, habe der Rest mit den Kommunisten »kollaboriert«. Völlig losgelöst von der damaligen politischen Lage nicht nur in Polen, gilt die vom Institut des Nationalen Gedenkens (IPN) verbreitete These, Patrioten hätten gegen Verräter gestanden.

Der Begriff »verdammte Soldaten« bezieht sich auf zigtausend Partisanen der Organisation WiN (Freiheit und Unabhängigkeit), einer Nachfolgeformation der Heimatarmee (Armia Krajowa) und der NSZ (Nationale Streitkräfte), die in der Endphase des Krieges mit Wehrmacht und Waffen-SS zusammenwirkte. In großen Kreisen der Bevölkerung wurden sie »verfluchte Soldaten« genannt. Denn im Bürgerkrieg der Nachkriegszeit (die Zahl der Opfer ist umstritten, sie reicht bis zu 70 000) gab es kein Pardon. Von beiden Seiten wurden Verbrechen begangen. Opfer der Banden - so das offizielle Vokabular der Regierungsseite - wurden sehr viele unschuldige Zivilisten, darunter Landarbeiter und Kleinbauern, die durch die Aufteilung des Großgrundbesitzes Ackerland erhalten hatten, Mitarbeiter örtlicher Behörden auf unterster Ebene und - in der Regel - Juden, die den Holocaust überlebt hatten. Die waren nämlich immer »kommunistisch« verdächtig. Mitglieder der Polnischen Arbeiterpartei (PPR) und des Kommunistischen Jugendverbandes ZWM, dem der Verfasser angehörte, waren für die Patrioten aus dem Walde Freiwild.

Man kommt bei der Schilderung des Geschehens jener Jahre nicht umhin zuzugeben, dass ein Teil der »verdammten« Soldaten irregeführte, fanatisch antikommunistisch gesinnte oder durch den Schwur auf ein unabhängiges Polen streng disziplinierte junge Menschen waren, die den dritten Weltkrieg erwarteten, der damals als sicher galt. Mit Hilfe der US-Amerikaner, die sie materiell unter anderem über die Organisation Gehlen unterstützten, wollten sie den Kommunismus besiegen, um ein freies Polen zu erkämpfen. Freier als heute kann man bekanntlich gar nicht sein.

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