Improvisierende aller Länder vereinigen sich

Das elfte Festival zu spontanem Theaterspiel

  • Lucía Tirado
  • Lesedauer: 3 Min.

Nichts ist geprobt. Alles wird improvisiert. Denn Impro kann alles, sagen »Die Gorillas« als Veranstalter des elften Improtheaterfestivals. Sie kooperieren dabei mit »Theatersport Berlin«, den englischen Kollegen der Berliner Truppe »Comedysportz« und den erfahrenen Schauspielern von »Bühnenrausch«. Unterstützung erfuhr das Festival unter anderem auch durch die Botschaften Israels, Italiens, Schwedens und der Niederlande. Improtheater kann alles, sagen ebenso die Gäste von IMPRO 2012 aus zwölf Ländern.

Improvisationstheater ist Volkstheater. Deshalb hatte die Eröffnung des unterhaltsamen Festivals auch seinen guten Ort im Saal des Heimathafens Neukölln. Gastgeber und Angereiste gaben kurze Vorstellungen an diesem vergnüglichen Abend, bei dem erst Gruppen und dann Solisten auftraten. Überaus interessant waren die unterschiedlichen Ansätze der Akteure, die alle mehr oder weniger ihr Programm nach Vorgaben des Publikums gestalteten. Denn jede Gruppe bekam von der vorhergehenden schon ein oder mehrere Utensilien überreicht, um das oder die es in ihrem Spiel gehen sollte. Einige hatten sich aber schon etwas mitgebracht. Die Türken beispielsweise schlicht einen Stock. Sie ließen sich vom Publikum Tücher reichen. Und haste nicht gesehen, da wurden der Stock und die verschiedenen Tüchern zu Gestalten, die in dem kleinen Stück von »Istanbulimpro« ihr Wort mitzureden hatten.

Das war imposant und ist hierzulande nicht üblich. Möglicherweise gucken sich andere Gruppen nicht nur hier etwas ab. So ein Festival dient schließlich nicht vordergründig dem Kräftemessen, sondern vielmehr dem Austausch an künstlerischen Ideen. Alle können dabei gewinnen und etwas Neues mit nach Hause nehmen.

Das in Berlin übliche Improtheater zahlreicher Gruppen ist zwar erfolgreich, braucht aber auch neue Impulse. Die Regeln, die sie für ihr Spiel jeweils aufstellen, sind inzwischen ziemlich festgezurrt. Da kommt wahrscheinlich das Preußische durch. Aber es gibt durchaus Versuche, das Spektrum durch die Hinzunahme anderer Künste zu erweitern.

Eine Berliner Uraufführung, bei der Musik eine größere als die bisher nur hintergründig begleitende Rolle spielen soll, ist demnächst in der Brotfabrik in Weißensee geplant. Auch wurde schon das improvisierte »Hitzewallendes Musical« von der Gruppe »Springmaus« aus Bonn erfunden. Dieses in Deutschland bekannteste Improtheater ist sozusagen die Mutter aller improvisierenden Gruppen. »Die Gorillas« sagen, die Bonner hätten schon in den 80er Jahren Theater dieser Art gemacht, als man so etwas anderswo noch für Selbsterfahrungsübungen hielt.

Inzwischen ist sogar das Zusammenspiel improvisierender Schauspieler mit Tanz oder Malerei denkbar. Auch mit Puppenspiel. Warum nicht? Impro kann alles. Zumindest kann Impro alles versuchen.

Im gut aufgebauten Festivaleröffnungsprogramm war der Auftritt von Solisten eine schöne Facette. Man konnte sie beispielsweise nacheinander wartend und sich die Zeit vertreibend an einer Bushaltestelle sehen. Dennoch bleibt das Zusammenspiel mit anderen immer noch das Schönste, zeigte sich darauf mit Davide Arcuri von »Teatribu« aus Mailand und Per Gottfredsson vom »Improvisationstheater Stockholm«. Man konnte sich vor Lachen kaum halten, als die beiden Männer mehrfach ihre Nationalitäten und damit auch typische Gesten tauschten. So etwas sieht man auch bei den zum Festival gehörenden Freundschaftsabenden.

Die Improtheatergruppen aller Länder vereinigten sich beim Abschluss des Eröffnungsprogramms im modernen Bühnentanz - einer Hommage an die berühmte Tänzerin Pina Bausch. Das Publikum gab verschiedene Themen vor. Die Künstler wählten »Soziale Gerechtigkeit« und bewiesen sich in einem wahrlich dramatischen Werk.

Orte und Programme unter www.improfestival.de

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.