Im Revier der Handkäs-Mafia
Die Mainzer Wohnbau-Affäre schwelt weiter
Die Affäre Laub ist auch nach dem Urteil des Landgerichts Koblenz noch lange nicht zu Ende. Wie berichtet, war der frühere Geschäftsführer der Wohnbau Mainz GmbH zu einer Geldstrafe in Höhe von 24 000 Euro verurteilt worden. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass sich Rainer Laub in vier von neun angeklagten Fällen der Untreue schuldig gemacht hat. Seine Verteidiger kündigten Revision vor dem Bundesgerichtshof an.
Laub, der als einer der Paten der Mainzer »Handkäs-Mafia« (ein Mainzer Synonym für Klüngelwirtschaft) gilt, dürfte in einigen Monaten erneut vor den Schranken eines Gerichts stehen, diesmal des Mainzer Landgerichts. Dann geht es um höhere Beträge: In einem Zivilverfahren soll geklärt werden, ob die Wohnbau Mainz GmbH zu Recht zwölf Millionen Euro von Laub fordert. Dabei soll es auch um Verluste bei Derivatgeschäften gehen. Die Frage, ob Laub vorsätzlich gehandelt hat oder nicht, wird dabei eine wichtige Rolle spielen.
Den Vorwurf gegen Laub, zusammen mit einem früheren Prokuristen der Wohnbau riskante Spekulationsgeschäfte abgeschlossen zu haben, ohne diese in den Jahresabschlüssen der Gesellschaft abzubilden, hatte die Staatsanwaltschaft im Jahr 2011 fallen gelassen. Verluste aus Spekulationsgeschäften seien maßgeblich auf die Wirtschaftskrise im Jahr 2008 zurückzuführen, so es hieß damals. Die Krise sei beim Abschluss des Geschäfts nicht abzusehen gewesen.
In dem Koblenzer Strafprozess spielte auch die Einladung Laubs an den früheren Oberbürgermeister Jens Beutel (SPD) zu Urlaubsaufenthalten auf Kosten der Wohnbau GmbH eine Rolle. Diese Vorwürfe hatte Laub bereits im Ermittlungsverfahren eingeräumt. Beutel, der zum 1. Januar von seinem Amt als Oberbürgermeister zurückgetreten war, war in dem Prozess als Zeuge gehört worden.
Die aktuellen Forderungen der Wohnbau GmbH gegen den Ex-Geschäftsführer beziehen sich zum Teil auf Anklagepunkte, die im Untreue-Strafprozess gegen Laub mit Freispruch endeten. Beispielsweise geht es um Aufträge zur Fassadenbemalung an den Mainzer Markthäusern, die angeblich 180 000 Euro zu teuer vergeben worden seien.
Finanzdezernent Günter Beck (Grüne), der am Sonntag bei der OB-Stichwahl gegen Michael Ebling (SPD) unterlegen war, forderte nach dem Urteil, die Wohnbau müsse sich wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Die sei vor allem die Schaffung von preisgünstigem Wohnraum. Stadtratsmitglied Daniel Köbler (Grüne) setzte sich dafür ein, die Zentrale Beteiligungsgesellschaft weiter auszubauen. Vorfälle wie in der Vergangenheit dürfe es nicht mehr geben.
In Koblenz hatte der Vorsitzende Richter Winfried Hetger sich besorgt gezeigt, dass sich die Wohnbau Mainz GmbH seit 2010 in drei einzelne Gesellschaften aufgliedere. Hier würden schon wieder Strukturen geschaffen, »die den Keim für Intransparenz und Manipulation« in sich tragen, unterstrich Hetger.
Stinker
Der Mainzer Handkäs ist ein gelber Hartkäse aus Sauermilch, der mit »Musik« garniert wird, einer Marinade aus gewürfelten Zwiebeln mit Essig und Öl, Kümmel, Pfeffer und Salz. Diese Spezialität zählt ohne Frage im Kühlschrank zu den Stinkern - und passt somit als Sinnbild für das, was den Mainzern an der städtischen Politik ziemlich sauer aufstößt: Marode Finanzen, jahrelange Misswirtschaft und ein nicht mehr überschaubares Ausmaß an Geklüngel - von vielen Einheimischen kurz »Handkäs-Mafia« genannt. (nd)
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.