Drei Säulen für vier Sparten

Ein Rettungsplan für die Theater im Nordosten

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach der erfolgreichen Volksinitiative für den Erhalt der Theater- und Orchesterlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern präsentiert die LINKE ein durchgerechnetes Finanzierungsmodell. Jetzt ist die SPD/CDU-Landesregierung in Schwerin am Ball.

Wenn es um Theater geht, entstehen im Nordosten zuweilen seltene Bündnisse. In Rostock zum Beispiel hat die Bürgerschaft jüngst mit den Stimmen von Linkspartei und CDU beschlossen, dass es in der Stadt weiterhin ein eigenständiges Orchester geben soll. Damit stellt sich die Bürgerschaft der größten Stadt im Land gegen die SPD/CDU-Regierung in Schwerin.

Die Landesregierung will aus Kostengründen unter anderem die am Rostocker Volkstheater angesiedelte »Norddeutsche Philharmonie« aus der Vier-Sparten-Struktur lösen und mit der »Mecklenburgischen Staatskapelle« am so genannten Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin - das in Wirklichkeit eine städtische Bühne ist - in einer »Holding« zusammenfassen. »Wir lassen uns nicht erpressen«, begründet LINKE-Landeschef Steffen Bockhahn den Rostocker Bürgerschaftsbeschluss: Schwerin habe versucht, die Notlage in Rostock auszunutzen.

Schwerins langer Hebel

Tatsächlich ist der Hebel des Kultusministeriums den Bühnen gegenüber im Augenblick sehr lang. Das noch immer in einem Zelt spielende Rostocker Theater braucht dringend ein neues Haupthaus und damit eine Menge Geld vom Land. Und in Schwerin, wo das Staatstheater seit Monaten am Rande der Insolvenz taumelt und von Finanzspritzen der klammen Stadt lebt, ist die Lage nicht viel anders.

Doch ist die Theaterreform der Landesregierung, welche die seit 15 Jahren eingefrorenen Landeszuwendungen aus Effizienzgründen an »Kooperationen« statt an eigenständige Häuser verteilen will, zugleich äußerst unpopulär: Kaum eine Volksinitiative in der Landesgeschichte erreichte so schnell das zu einer parlamentarischen Befassung notwendige Quorum wie das Begehren, eine auskömmlich finanzierte Theater- und Orchesterlandschaft zu erhalten.

Bei der Beratung über dieses Ansinnen am Mittwoch kommender Woche will die Linksfraktion eine machbare Alternative präsentieren, die das Volksbegehren aufgreift. Gestern stellte der LINKE-Kulturpolitiker das Modell im Schweriner Theater vor, das demnach als eigenständiges Vier-Sparten-Theater tatsächlich vom Land übernommen werden soll.

Aber nicht nur mit dem Staatstheater, sondern mit jedem einzelnen Haus soll die Landesregierung dem Linkspartei-Modell zufolge einen »Theatervertrag« abschließen, der Aufgaben und Leistungen von Land, kommunalen Gesellschaftern und Theater genau bestimmt. Darüber hinaus sollen die Landesmittel »dynamisiert« werden: Für Tänzer und Schauspieler, deren soziale Lage im Nordosten besonders prekär sei, ist bei Koplins Modell ein jährlicher Tarifaufwuchs von 2,5 Prozent eingeplant, für alle anderen Beschäftigten sind es 1,5 Prozent.

Wie reagiert die Koalition?

Neben diesen Strukturveränderungen will die LINKE eine Landesstiftung für Kultur und Tourismus aufbauen, die in knapp zehn Jahren mit unterstützenden Ausschüttungen beginnen können soll. In diese Stiftung soll vom Land mit mit 20 Millionen Euro kapitalisiert werden, in das Stiftungskapital würden dem Modell Koplins entsprechend auch Kultur- und Tourismusbeiträge einfließen, die von den Kommunen von Urlaubsgästen erhoben werden.

Als dritte »Säule« sollen dem Modell zufolge die Theater versuchen, ungenutzte Potenziale zu heben, etwa durch Fremdbespielungen oder anderweitige Nutzungen der Räume in den Theaterferien. Ähnliches verlangt auch die Landesregierung - allerdings im Rahmen einer drastischen Sparpolitik.

Koplin hat sein »Drei-Säulen-Modell« in langen Gesprächen mit Beteiligten - Intendanten, Schauspielern, Kulturwirten - entwickelt und fordert nun, die Landesregierung müsse sich bewegen. Bei den Grünen im Landtag gibt es eine grundsätzliche Sympathie für das Vorhaben, bei den Betroffenen ebenso. Ob sich freilich die Schweriner SPD/CDU-Koalition beeindrucken lassen wird, ist fraglich. Den Bürgerschaftsbeschluss in Rostock jedenfalls hat Kultusminister Matthias Brodkorb (SPD) jüngst als ein »Zuschlagen der Türe« kritisiert.

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