Post von der Kanzlerin
Briefe nehmen Stellung zu Rentenstrafrecht und Ost-West-Anpassung
Post aus dem Bundeskanzleramt bekommt man nicht alle Tage. Um so enttäuschender, wenn der Inhalt des Schreibens so dürftig ist. Der ehemalige DDR-Ministerpräsident Hans Modrow hatte in einem Brief an die Kanzlerin die bestehenden Überführungslücken und das Rentenstrafrecht gegen DDR-Funktionäre kritisiert. Nur wenige Tage später bekam er Antwort - von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla persönlich. »Ihre Auffassung«, so hieß es dort, »die bestehenden Regelungen zur Rentenüberleitung für diese Personengruppe seien nicht verfassungskonform ausgestaltet und stünden im Widerspruch zu den im Einigungsvertrag getroffenen Vereinbarungen, teilt die Bundesregierung nicht«. Der Einigungsvertrag sähe ausdrücklich vor, so Pofall, dass bei der Überführung von Ansprüchen und Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen »ungerechtfertigte Leistungen abzuschaffen und überhöhte Leistungen abzubauen« seien. Man habe diese Vorgaben lediglich umgesetzt. Dabei traf es »eng begrenzte Personengruppen mit leitenden Funktionen im Partei- und Staatsapparat«.
Da half es auch nichts, dass Modrow auf den Einigungsvertrag und die darin garantierten »Ansprüche und Anwartschaften aus dem Versorgungssystem der DDR« verwies: Pofalla mag »eine Rechtsänderung nicht in Aussicht stellen«.
Ganz anders lag der Fall beim Berliner Eberhard Rehling. Der Sprecher des Sozialen Arbeitskreises Treptow-Köpenick hatte sich ebenfalls an die Kanzlerin gewandt und sie an ihr Versprechen aus dem Jahre 2009 erinnert, wonach »die Angleichung der Ostrenten an die Westrenten in der Mitte der Legislaturperiode erfolgen wird«. Die Mitte der Legislatur erreichte Schwarz-Gelb bereits im letzten Jahr, trotzdem liegt der Rentenwert Ost immer noch mehr als drei Euro unter dem des Westens. Rehling machte die Kanzlerin zudem darauf aufmerksam, dass beim gegenwärtigen Tempo der Rentenanpassung, die Angleichung erst in 160 Jahren erfolgen würde.
Das Antwortschreiben aus dem Kanzleramt hat es in sich: »Wegen der unterschiedlichen Erwartungen«, so liest man da, sei eine »Regelung, die allen gerecht und von allen akzeptiert wird, bislang nicht absehbar«. Die Regierung sehe »keinen juristischen oder sachlichen Zwang«, das Rentensystem noch in dieser Legislatur zu vereinheitlichen. Da hat die Kanzlerin 2009 wohl etwas zu viel versprochen - damals übrigens auf dem Seniorentag in Leipzig.
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