Drei Kandidaten, kein Konzept

Präsidentenanwärter in Mexiko stehen Drogenkrieg hilflos gegenüber

  • Andreas Knobloch
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Drogenhandel macht Mittelamerika den Vereinten Nationen zufolge zur gefährlichsten Region der Erde. Nirgendwo auf der Welt würden so viele Morde stattfinden wie zwischen Kolumbien und Mexiko, sagte jüngst UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Mexikos Präsidentschaftskandidaten äußern sich im Wahlkampf zum Thema nur vage und hilflos.

Zur Gewalt des Drogenkrieges hört man von der mexikanische Regierung unter Felipe Calderón seit fast sechs Jahren vor allem Durchhalteparolen. Man sei auf dem richtigen Weg. Angesichts der jüngsten Gewaltwelle erklärte Innenminister Alejandro Poiré, die Regierung werde »weder zurückweichen, noch sich einschüchtern lassen« im Kampf gegen »die irrationale Gewalt der verbrecherischen Organisationen«. Die Frage aber ist, wie geht es nach dem 1. Juli weiter? An diesem Tage wählt Mexiko einen neuen Präsidenten.

Die Kandidatin der regierenden konservativ-katholischen Partei Nationale Aktion (PAN), Josefina Vázquez Mota, unterstützt Calderón in seinem Feldzug gegen die Kartelle. Sie kündigte an, gegenüber den Drogenbanden nicht nachzugeben. Sie wolle einen Bundesstaat Nuevo León »ohne Zetas, ohne organisiertes Verbrechen«, sagte sie Mitte des Monats in Monterrey. Keine 24 Stunden später wurden in Cadereyta in der Nähe von Monterrey 49 verstümmelte Leichen gefunden. Von einer »Botschaft« an die Politik wollten die Behörden dennoch nichts wissen. Nach ihrer Lesart ist die Tat Teil der blutigen Territorialkämpfe zwischen den Kartellen.

Man müsste meinen, dass angesichts der Situation die Frage um die Sicherheitsstrategie einen zentralen Platz im Wahlkampf einnimmt. Doch andere Themen überwiegen. Von den Kandidaten, die sich um die Nachfolge von Calderón streiten, gibt es allenfalls Versprechungen, die Gewalt einzudämmen und das Land zu befrieden. Wie das geschehen soll, bleibt vage.

Keiner der Bewerber glaubt, die gegen die Kartelle eingesetzte Armee bald in die Kasernen zurückbeordern zu können. Der in allen Umfragen führende Enrique Peña Nieto, der die Partei der Institutionellen Revolution (PRI) nach zwölf Jahren zurück an die Macht führen soll, die sie mehr als 70 Jahre uneingeschränkt inne hatte, will das Militär weiter in den gewalttätigsten Regionen des Landes einsetzen und zur Unterstützung eine militarisierte Polizei unter ziviler Führung schaffen.

Vázquez Mota dagegen bekräftigt immer wieder, nicht mit dem organisierten Verbrechen zu paktieren. Mehr als einmal hat sie angedeutet, dass die PRI genau dies getan habe, als sie die Regierung stellte. Die Kandidatin der PAN will die Armee in den Straßen belassen und eine nationale Polizei mit 150 000 Einsatzkräften schaffen. Auch müsste die USA mehr Verantwortung übernehmen und den Drogenkonsum dort reduzieren.

Mit einer versöhnenden Botschaft wartet Andrés Manuel López Obrador von der sozialdemokratischen Partei der Demokratischen Revolution auf. Er wolle »mehr Umarmungen und weniger Kugeln« (im Spanischen reimt sich das »más abrazos y menos balazos«). Man müsse bei den sozialen Ursachen ansetzen, mehr Arbeitsplätze schaffen. Zudem sprach er sich für eine Legalisierung auch harter Drogen aus, wenn dies »Frieden garantiere«, eine Position, die in Lateinamerika zuletzt an Raum gewonnen hat.

Der Eindruck bleibt, dass alle drei ein wenig hilflos vor dem von Calderón losgetretenen »Krieg gegen die Drogen« und der überbordenden Gewalt stehen. Die Bevölkerung dringt auf mehr Sicherheit. Dafür aber sind mehr als nur gute Vorsätze nötig.

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