»Sie achten jetzt auf uns«
Das deutsche Zweitligateam NetApp hat sich beim Giro d'Italia der Radprofis Respekt erworben
Gute Stimmung herrscht beim deutschen Pro Continental Rennstall NetApp. Sportdirektor Jens Heppner strahlt über das ganze Gesicht, so als fühlte er sich selbst in seine glücklichen zehn Tage in Rosa beim Giro d'Italia 2002 zurückversetzt. Ganz so viel Glück haben die von ihm jetzt dirigierten Sportler zwar nicht. Aber zwei zweite Etappenplätze, häufige Präsenz in Ausreißergruppen und einige Top-10-Resultate von Sprinter Daniel Schorn sind eine beachtliche Bilanz.
Auf der gestrigen 16. Etappe vom Gardasee hoch zum Pustertal in Südtirol vertrat der Österreicher Matthias Brändle die Farben des Teams in der Spitzengruppe auf Rang sieben. Selbst die meist auf die italienischen Profis fokussierte »Gazzetta dello Sport« nimmt mittlerweile Notiz von den Nobodys aus Oberbayern. Das mit einer Wildcard zum Rennen eingeladene Team NetApp habe »mehr Hunger als die etablierten Pro-Tour-Teams«, stellte das Hausblatt der Giro-Organisatoren fest.
»Wenn uns das jemand vor dem Giro prophezeit hätte, hätte das wohl niemand geglaubt«, meint Heppner gegenüber »nd«. Die Fahrer selbst scheinen gar nicht so überrascht von ihrer Vorstellung. Der Pole Bartosz Huzarski, der dem Gesamtführenden Joaquim Rodriguez einen herzhaften Kampf beim Anstieg nach Assisi bot und nur ganz knapp unterlag, war zu NetApp gekommen, weil er sich dort mehr Chancen auf große Rennen und gute Resultate erhoffte. Der 31-Jährige hatte das Leben als Helfer satt und explodierte in diesem Jahr geradezu mit exzellenten Leistungen bei der Settimana Coppi e Bartali (Gesamtzweiter hinter Teamkollege Jan Barta) und beim Giro del Trentino.
Auch Barta, Etappenzweiter nach einem Ausreißversuch an den Fuß des Matterhorns, liefert nicht zum ersten Mal in dieser Saison gute Rennen ab. »Wir wussten, dass er einen starken Motor hat. Wir haben ihn Jahr für Jahr entwickelt. Das zahlt sich jetzt aus«, meinte Heppner. Barta ist im dritten Jahr bei NetApp, Huzarski im zweiten.
Heppner lobt, dass seine Fahrer auch gut auf die taktischen Anweisungen aus dem Begleitwagen reagierten. Barta etwa setzte sich auf Anraten Heppners von seinen Ausreißerkollegen ab und sorgte durch diese Tempoverschärfung dafür, dass sich wenigstens ein Trio aus dieser Gruppe vor dem Hauptfeld ins Ziel retten konnte. Barta sei aber auch gerade wegen des Vertrauens in Heppner & Co. zum Rennstall gekommen, verriet er »nd«.
Das Team stellt eine interessante Mischung aus bislang unbekannten oder unterbewerteten Fahrern dar. Die NetApp-Profis durften auch feststellen, dass sie einen Sprung in der Respektsskala der Kollegen gemacht haben - mit positiven und negativen Folgen. »Bei Ausreißversuchen werden wir jetzt nicht so schnell wegelassen«, meinte Barta. Sprinter Schorn hingegen freut sich über etwas mehr Luft bei den Rangeleien um eine gute Ausgangsposition im Finale.
Einziger Misston ist zur Zeit, dass die Zukunft des Aufsteigerteams in den Sternen steht. Bislang äußerte sich der Hauptsponsor noch nicht zu einer möglichen Fortsetzung des zum Ende dieser Saison auslaufenden Engagements. Teammanager Ralph Denk kündigte »Verhandlungen nach dem Giro d'Italia« an.
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