Lüchow-Dannenberg soll verschwinden

Bürgerprotest gegen Pläne für Kreisfusion

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.
Einen fast schon legendären Ruf als Widerstandsregion hat Niedersachsens Landkreis Lüchow-Dannenberg im Zusammenhang mit Gorleben und den Anti-Atom-Aktionen erworben. Viele protesterfahrene Wendländer haben sich ein weiteres Ziel gesetzt: Sie wollen die drohende Auflösung ihres Kreises verhindern.

Schon seit geraumer Zeit ist die Fusion des strukturschwachen Kreises Lüchow-Dannenberg mit einem Nachbarkreis in der Diskussion. Befürworter eines solchen Zusammenschlusses hoffen auf viel Geld, denn der Kreis könnte mit dem Land einen »Zukunftsvertrag« schließen. Er besagt: Niedersachsen übernimmt 75 Prozent der »Kassenkredite« (also der Konto-Überziehungen), die einen Kreis drücken.

Politisch unbequem

Das finanziell kaum noch handlungsfähige Lüchow-Dannenberg steht mit rund 125 Millionen Euro bei Banken in der Kreide. Bedingung für das Geld aus Hannover: Entweder der Kreis kann erhebliche Einsparungen vorweisen, oder aber er fusioniert mit einem Nachbarkreis. Landkreise, so die Landesregierung, sollten mindestens 100 000 Einwohner haben; Lüchow-Dannenberg hat 49 000, also würde das Land einen Zusammenschluss begrüßen.

Ein beachtlicher Teil der Bürgerinnen und Bürger sieht das anders. Als sie erfuhren, dass ihr Landrat, der parteilose Jürgen Schulz, dem Kreistag Fusionsgespräche mit dem Kreis Lüneburg empfehlen will, gab es eine Demonstration und weitere Aktionen mit dem Tenor »Erhaltet unseren Landkreis!«.

Eine Fusion, so wird in der Bevölkerung befürchtet, würde eine empfindliche Bürgerferne der Verwaltungen mit sich bringen und dem Kreis seine Identität nehmen. Nicht zuletzt bedeute Fusion, so die LINKE, »dass unser politisch unbequemer Landkreis verschwinden und dass der Gorleben-Widerstand im Kreistag eines Großkreises untergehen soll«. Sicht- und hörbar wurde der Unmut am Montag auf einer Kreistagssitzung, zu der über 300 Zuhörer erschienen waren. Der Vorschlag des Landrates, in dem offen von Fusionsgesprächen die Rede ist, fiel durch. Die Mehrheit des Kommunalparlaments votierte für ein gemeinsames Papier von CDU, SPD und Unabhängiger Wählergemeinschaft. Favorisiert werden darin das Bemühen um Eigenentschuldung durch Sparmaßnahmen - es geht um hohe Beträge auch im sozialen Bereich. Zugleich ist aber auch »die Aufnahme von Gesprächen mit den Landkreisen Lüneburg und Uelzen« im Beschluss fixiert.

Worüber gesprochen werden soll? Dazu kein Wort in der Beschlussvorlage. In deren »Urtext« aber war noch das Ziel der Gespräche zu lesen: »(...) zur Vorbereitung von Verhandlungen über eine eventuelle Fusion«. Ruck, zuck, wurde dieser Passus vor der Abstimmung gestrichen. Um die Bürger nicht zu vergrätzen? Die Verfasser des Papiers ließen jedoch das böse Wort Fusion im weiteren Verlauf des Textes stehen und auch einen Satz, der schon vom »ehemaligen Landkreis Lüchow-Dannenberg« spricht. Der butterweich formulierte Beschluss darf somit durchaus als erste Weichenstellung für eine Fusion betrachtet werden.

Offener Dialog gefordert

Keine Mehrheit fand der Antrag der Grünen und der Sozial-Ökologischen Liste Wendland, in der auch die LINKE präsent ist. Darin wurde verlangt, vor einer Entscheidung über Einsparungen oder Fusionsgespräche mit den Bürgern einen offenen Dialog zu führen. So sollte ein Weg entwickelt werden, den Kreis zu erhalten.

Dass dieser Weg dennoch entwickelt wird, dafür wollen engagierten Wendländer sorgen. Man werde alle Schritte der Kommunalpolitik zur Fusionsfrage wachsam beobachten, war am Rande der Sitzung zu hören. Denn schon geistern mögliche Namen für einen aus Lüchow-Dannenberg und Lüneburg gebildeten Großkreis herum: »Kreis Ostheide«, »Elbtalaue-Wendland« oder auch »Nordost-Niedersachsen«.

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