Bouffier als Hessens CDU-Chef bestätigt
Anderthalb Jahre vor der nächsten Landtagswahl meidet die CDU Konfliktthemen und gibt sich geschlossen
Darmstadt. Viel hat die hessische CDU nicht gewonnen, seit Volker Bouffier vor zwei Jahren an die Spitze der Landespartei trat. Bei der Kommunalwahl 2011 wurde sie zwar stärkste Partei, verlor aber im Vergleich zu 2006 spürbar. Und bei der prestigeträchtigen Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt am Main fuhr die Union im Frühjahr eine krachende Niederlage ein.
Anderthalb Jahre vor der nächsten Landtagswahl zeigte die CDU-Basis jedoch Geschlossenheit und stärkte ihrem Ministerpräsidenten den Rücken. Beim Landesparteitag in Darmstadt wurde Bouffier mit 96,5 Prozent der Stimmen als Vorsitzender bestätigt. Er schnitt damit noch besser ab als 2010, als er mit 96 Prozent zum Nachfolger von Roland Koch gewählt worden war.
Gegrummel in der Partei
»Neu ist die Person, neu ist der persönliche Stil«, hatte Bouffier seinen Parteifreunden damals auf dem Parteitag in Willingen zugerufen. Der langjährige Innenminister, der wenig später auch Kochs Nachfolge als Regierungschef angetreten hatte, agiert weniger hochtourig als sein stets um Publicity bemühter Vorgänger. Bouffier provoziert weniger, er setzt auf Konsens. So band der 60-Jährige auch die Opposition ein, etwa bei der Schuldenbremse oder beim Energiegipfel. An der Parteibasis mehrten sich indes die Zweifel, ob Bouffiers Hand nicht doch zu ruhig regiert und damit der angestrebte Sieg bei der Landtagswahl Ende 2013 in Gefahr gerät - zumal das rot-grüne Lager bundesweit im Aufwind scheint.
Unter dem langjährigen Partei- und Regierungschef Roland Koch wusste die Hessen-CDU, wo sie steht. Und jetzt? Lahme Umfragewerte und dazu noch die Schwäche des Bündnispartners FDP haben Partei und Regierung alarmiert. Im Frühling startete die hessische Union die Werbekampagne »Hessen blüht«, um unzufriedenen Bürgern vor Augen zu führen, dass sie doch gut regiert werden. Die Union verwies auf die niedrige Arbeitslosigkeit, ein hohes Maß an innerer Sicherheit und eine Rekordzahl an Lehrern. Nun sollte der Parteitag das Aufbruchssignal geben für die CDU selbst.
Dabei hatte das parteiinterne Gegrummel nach der Pleite in Frankfurt zugenommen. Ihr Kandidat Boris Rhein, schon als CDU-Kronprinz im Land gehandelt, unterlag im Ringen um die Führung der Wirtschaftsmetropole überraschend SPD-Mann Peter Feldmann. Doch Niederlagen wie diese waren in Darmstadt kein Thema. »Wir sind allemal die stärkste Partei«, sagte Bouffier mit Blick auf die Wahlkämpfe des kommenden Jahres. Die CDU wolle und werde weiter regieren.
Beim Thema verkürzte Gymnasialzeit G8 sprach sich Bouffier überraschend dafür aus, die Entscheidung den Schulen zu überlassen. »Mein Eindruck ist, dass viele Schulen selbst entscheiden wollen, was sie anbieten.« Mit dem Vorstoß versuchte Bouffier der SPD ein Argument zu nehmen. Die hessischen Sozialdemokraten wollen im Falle eines Wahlsiegs wieder zur neunjährigen Gymnasialzeit zurückkehren.
Altes Erfolgsrezept
Für ein gutes Wahlergebnis braucht Bouffier aber auch eine gute Mannschaft. Von den einstigen Koch-Vertrauten sind nur noch er und als Landesvize der frühere Verteidigungsminister Franz-Josef Jung übrig. Bouffier ließ erstmals zwei Frauen zu Stellvertretern wählen - Umweltministerin Lucia Puttrich und Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann. Die CDU-Riege im Kabinett wurde mit Innenminister Boris Rhein und Finanzminister Thomas Schäfer deutlich verjüngt. Doch die Personaldecke scheint dünn zu werden. Die Hessen-CDU solle auf ihr »altes Erfolgsrezept« setzen, rät Landtagsfraktionschef Christean Wagner schon lange vor Beginn des eigentlichen Wahlkampfes: »Weiterhin mit großer Geschlossenheit auftreten!« Dass in Darmstadt Konflikte groß aufs Tapet kommen, verhinderte wohl auch die Anwesenheit eines Gastes: Die CDU-Bundesvorsitzende und Kanzlerin Angela Merkel sprach zu den etwa 300 Delegierten.
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