Die braune Wilhelmstraße
Ausstellung zeigt das Regierungsviertel der Nazis
Die Berliner Wilhelmstraße galt mit ihren Ministerien seit der Kaiserzeit als Symbolort deutscher Politik. Davon sind nur noch wenige Zeugnisse geblieben. Eine Ausstellung lässt den ehemaligen Macht-Ort wieder erahnen.
»Was macht die Wilhelmstraße?« fragten Politiker in London oder Paris bereits zur Kaiserzeit. Nach der Reichsgründung 1871 galt die Straße im Zentrum Berlins mit ihren Ministerien und Regierungsinstitutionen als Symbolort deutscher Politik. Heute sieht man ihr die einstige Bedeutung kaum mehr an. Die Gedenkstätte »Topographie des Terrors« nimmt in ihrer neuen Sonderausstellung die Geschichte des Straßenzugs in der Zeit des Nationalsozialismus in den Focus. Ihr Titel: »Die Wilhelmstraße 1933-1945. Aufstieg und Niedergang des NS-Regierungsviertels«.
Anlass ist das 25-jährige Bestehen der Gedenkstätte, deren Verdienst es ist, schon früh auf den Standort der Repressionsorgane des NS-Staates aufmerksam gemacht zu haben. »Wir sitzen nicht ohne Grund in unmittelbarer Nähe der Wilhelmstraße,« betont Direktor Andreas Nachama. »Auch die Geheime Staatspolizei als Mittel der staatlichen Repression sollte vor aller Augen sein, also mitten im Regierungsviertel, nicht irgendwo am Stadtrand in einer Kaserne«, ergänzt er.
In der Sonderausstellungshalle hat die Kuratorin Claudia Steur den gesamten Straßenzug als »begehbares Modell« nachgebaut mit Großfotos von Ministerien und Botschaften, so wie sie bis 1945 existierten. In die Fotofassaden eines jeden Hauses sind Türen eingeschnitten, auf deren Innenseite ein Foto das betreffende Gebäude und seinen Bezug zur NS-Politik näher charakterisiert. Die beleuchtete Nische dahinter erläutert mit Texten und Bildern Geschichte und Funktion des Gebäudes.
»Wir zeigen, wie die Nationalsozialisten die Straße prägten und veränderten«, erklärt die Kuratorin. Dies verdeutlicht auch ein in der Ausstellung zu sehendes Originalfoto vom 30. Januar 1933. Zu sehen ist ein bescheidener Fackelzug durch die Wilhelmstraße, darüber ein Zitat Joseph Goebbels: »Es ist fast wie ein Traum. Die Wilhelmstraße gehört uns.« Nach der Machtübernahme besetzten die Nazis Ministerien und Ämter, vereinnahmten die Gebäude entlang der Wilhelmstraße und schufen neue Zeichen ihrer Macht.
Auf einem Übersichtsplan von 1939 sind die neu gegründeten Behörden und Ministerien farbig markiert: Vom Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung an der Ecke Unter den Linden über das Propagandaministerium von Josef Goebbels am Wilhelmplatz und - fast direkt gegenüber gelegen - die Neue Reichskanzlei. Vorbei am riesigen Komplex des Reichsluftfahrtministeriums von Hermann Göring ging es bis hin zu den von Geheimer Staatspolizei, SS, SD und seit 1939 auch dem Reichssicherheitshauptamt genutzten Gebäude südlich der Prinz-Albrecht-Straße, der heutigen Stresemannstraße. Die Ausstellung macht nachvollziehbar, wie dicht die Institutionen beieinander lagen.
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