Dukatenesel Nationalspieler
Bei der deutschen Nationalmannschaft werden die Sponsoren gepflegt, damit weiter die Millionen fließen
Pressekonferenz mit dem Ausrüster, Pressekonferenz mit dem Energieversorger. Im überdimensionalen Medienzelt steht ein silbernes Auto des Generalsponsors, vor dem Eingang noch ein gelber Flitzer. Selten wurden die Geldgeber des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) bei einem großen Turnier so in Szene gesetzt wie 2012.
»Wir wollen unseren Partnern Exklusivität einräumen, und das kann man bei einer EM oder WM besonders gut machen«, sagt DFB-Marketingdirektor Denni Strich. Die Nationalmannschaft ist nach wie vor die wichtigste Einnahmequelle des DFB: Pro Jahr sprudeln mehr als 100 Millionen Euro, rund 65 Prozent der Gesamteinnahmen.
Ein Automobilkonzern lässt sich sein Engagement jährlich eine zweistellige Millionensumme kosten. Der Generalausrüster in Sachen Kleidung erhöhte jüngst seinen Betrag von elf auf über 20 Millionen Euro pro Jahr. Rund 60 Millionen überweisen alle Sponsoren. Noch nie gab es ein teurer vermarktetes DFB-Team. »Wir haben seit der WM 2010 wieder einen Schritt nach vorne gemacht«, sagt Strich.
Für ihn ist das Ende der Fahnenstange aber allmählich erreicht - nicht bei den Einnahmen, aber bei der Belastung der Nationalmannschaft als gewinnbringendes Werbeobjekt. »Bei den Marketingtagen in München Anfang des Jahres war jede Sekunde verplant, mehr geht nicht«, sagt Strich und bedankt sich artig bei den Vereinen für die Freistellung ihrer Nationalspieler, die wie das Trainerteam sehr professionell mitarbeiten würden.
Nahezu der gesamte Kader war Ende Januar in die bayerische Hauptstadt gereist, um in den Bavaria-Filmstudios Werbespots für einige DFB-Partner zu drehen. Zu sehen sind die Filmchen in diesen EM-Tagen rund um die Uhr: Kapitän Philipp Lahm und Co. preisen die Produktpalette einer Bank ebenso an wie das neueste Fortbewegungsmittel des Generalsponsors, der die Helden der Moderne aufwendig wie Heroen der Leinwand ins Bild setzt. Einige Nationalspieler knüpfen auch persönliche Bande mit manchem Ausrüster. Auch sie verdienen gut dabei.
Als große eigenständige Marke wird die Nationalmannschaft seit 2004 wahrgenommen, als Oliver Bierhoff den neuen Posten des Teammanagers übernahm. Er positionierte das Team auch außerhalb des Platzes nach und nach in allen Gesellschaftsbereichen.
Gemeinsam mit den Marketingstrategen schaffte es Bierhoff, allein die Sponsoreneinnahmen in den vergangenen acht Jahren fast zu verdreifachen. Bei jedem Heimspiel werden rund neun Millionen Euro erwirtschaftet: aus dem Verkauf von TV-Rechten, Eintrittskarten und VIP-Tickets sowie Bandenwerbung.
Zudem ist der Verband auch am Vertrieb der Fantrikots beteiligt. Mehr als eine Million Hemden waren für die EM allein in Deutschland kalkuliert. Sollte die DFB-Auswahl weiter so erfolgreich spielen, könnten es noch weit mehr werden. Da fallen die rund 20 Millionen Euro, die den DFB eine Turnierteilnahme seiner Nationalelf kostet, kaum ins Gewicht.
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