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Ist Fußball homophob?

Jörg Steinert ist Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbands Berlin-Brandenburg

  • Lesedauer: 3 Min.

nd: Homophobie im Fußball wurde lange Zeit tabuisiert. Seit einem Jahr versucht der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg mit dem Projekt Soccer Sound Fußballfans dafür zu sensibilisieren. Gelingt Ihnen das?
Steinert: Die vom Berliner Verein Tennis Borussia gestartete und von uns unterstützte Initiative »Fußballfans gegen Homophobie« hat bisher einen größeren Erfolg erzielt, als wir ursprünglich hoffen durften. Wir wollten eigentlich in den Berliner Fußballvereinen wirken. Tatsächlich sind Kooperationen weit über die Berliner Grenzen hinaus entstanden.

Wie erreichen Sie die Fans? Gehen Sie in die Stadien und sprechen die Leute einfach an?
Zum einen gehen Fans mit einem großen Banner, worauf zwei küssende Männer abgebildet sind, ins Stadion und zeigen Präsenz. Gleichzeitig findet ein inhaltlicher Austausch mit Fan-Initiativen statt. Tennis Borussia engagiert sich seit längerem gegen Homophobie und kooperiert eng mit dem Lesben- und Schwulenverband. Diese Erfahrungen gibt der Verein weiter. Im Rahmen der Initiative »Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt« führt der Lesben- und Schwulenverband mit dem Projekt Soccer Sound zudem Workshops durch, damit Jugendliche ihre Vorurteile zu hinterfragen lernen. Zum Beispiel wird oft alles Negative als »schwul« bezeichnet. Ein schlecht gelungener Pass oder auch die gegnerische Mannschaft. Das greifen wir in den Workshops auf. Rückendeckung bekommen wir von Berliner Fußballvereinen, wie z.B. Türkiyemspor, aber auch vom Berliner Fußballverband (BFV). Der BFV hat als einziger Verband eine Kooperationsvereinbarung zum Kampf gegen Homophobie geschlossen. Zusammen führen wir u.a. Fachveranstaltungen durch.

Ich kann mir vorstellen, dass sich die Anhänger der Fan-Initiative mit dem Banner dumme Sprüche anhören müssen, oder?
Deswegen ist es ja so wichtig, dass der Banner nicht vom Lesben- und Schwulenverband aufgehängt wird, sondern von den mehrheitlich heterosexuellen Fußballfans, die ein Zeichen gegen Homophobie setzen wollen. Wir arbeiten mit den Fans und nicht gegen sie.

Für die Vereine des Berliner Fußballverbandes haben Sie ein anonymes Postfach eingerichtet, wohin sich beispielsweise Opfer von Diskriminierung wenden können. Das heißt, ganz aus der Tabu-Ecke ist das Thema noch nicht gerückt?
Durch das anonyme Postfach wissen wir beispielsweise, dass junge Spieler nach wie vor mit Ausgrenzungen, Beschimpfungen und sogar Erpressungen zu kämpfen haben, wenn ihre Homosexualität bekannt wird. Wir müssen noch dicke Bretter bohren. An diesem Freitag werden wir uns auf einer Podiumsdiskussion mit anderen Experten austauschen und über weitere Schritte im Kampf gegen Homophobie im Fußball nachdenken.

Die EM begeistert seit Wochen Millionen Zuschauer. Würden Sie sich wünschen, dass Homophobie auf der Ebene auch thematisiert würde?
Auf jeden Fall. Es wäre schön, wenn sich die Spieler der Nationalelf klar gegen Schwulenhass positionierten. Wir wünschen uns, dass die Nationalmannschaft dem Vorbild des früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger folgt.

Fragen: Nissrine Messaoudi

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