Finalsieg fürs Geschichtsbuch
Spanien verteidigt mit dem 4:0 über Italien als erster Europameister den Titel
Am Ende feierten sie mit Kind und Kegel auf dem Rasen des Olympiastadions von Kiew: Mit einem 4:0 gegen Italien sicherte sich Spanien gestern Abend erneut den Europameistertitel. Der spanischen Mannschaft gelang damit Historisches: Noch nie hat eine europäische Nation drei große Titel in Folge gewinnen können.
Am denkwürdigen Finalabend von Kiew hatte sich ein Kreis geschlossen. Vor drei Wochen waren die beiden Finalisten im ersten Gruppenspiel in Gdansk aufeinander getroffen. Beim 1:1 hatten die Italiener damals schon angedeutet, dass sie diese EM-Endrunde nicht so rasch verlassen würden wie das WM-Turnier. Beim Weltmeister und Titelverteidiger hingegen war erstmals zu sehen gewesen, dass es der Mannschaft von 2012 ab und an schwerer fallen würde, das Tiki-Taka in Siege umzuwandeln.
Seit Turnierbeginn hatte sich Weltmeistertrainer Vicente del Bosque immer wieder vorhalten lassen müssen, seine Mannschaft spiele langweiligen Fußball. Querpass, Querpass, Querpass - Rückpass. Und dann das ganze wieder von vorne. War Tiki-Taka doch nur der neue Effizienzfußball? Wo war der Glanz? Selbst als seine Mannschaft bereits plangemäß das EM-Finale von Kiew erreicht hatte, rechtfertigte der Trainer noch seine Taktik: »Die Spieler halten den Ball, um einen Lösungsweg zu finden.«
Das Endspiel brachte schließlich die Bestätigung für Spanien, denn hier zeigten vor allem die zuletzt angezweifelten Offensivkräfte ziemlich schnell die richtigen Lösungswege auf. Ganz simpel schon in der 14. Minute zum ersten Mal: Steilpass, Flanke, Kopfball, Tor - vorgetragen über die Stationen Andres Iniesta, Cesc Fabregas, David Silva - schon stand es 1:0 für den Titelverteidiger. Zweimal Barcelona, einmal Manchester City.
Auch der vorentscheidende zweite Treffer entsprang Barcelonaer Zusammenwirken. Nach einem Konter für Spanien schickte Xavi den mitgelaufen Linksverteidiger Jordi Alba mit einem steilen Pass in den italienischen Strafraum, wo er Gianluigi Buffon zum 2:0 überwand (41.).
Zu dieser Zeit hatte die UEFA-Statistik kurioserweise ein Übergewicht in Sachen Ballbesitz bei den Italienern verzeichnet, 53 Prozent. Doch obwohl Andrea Pirlo und Kollegen sich hundertprozentig engagierten, um die Spanier unter Druck zu setzen, konnten sie nicht die »paar erfolgreichen Momente kreieren«, auf die ihr Trainer Cesare Prandelli gehofft hatte.
Der zweite Treffer beflügelte die Spanier, die fortan immer besser ins Spiel kamen, wenngleich sie nicht die Perfektion von 2008 oder 2010 erreichen konnten. Dennoch, spätestens mit dem EM-Endspiel ist Tiki-Taka aller Zweifel enthoben: Endlos-Ballfolgen wie in der zweiten Halbzeit können immer noch höchsten Genuss bereiten. Nachdem in der ersten Hälfte ungewohnt viele Kombinationen missrieten und der Ball entweder im Aus oder am gegnerischen Schienbein landete, bot die zweite Halbzweit endspielwürdigen Fußball, den die eingewechselten Fernando Torres und Juan Mata mit ihren Treffern zum 4:0-Endstand vollendeten (84. und 88.).
Im personellen Vergleich der beiden letzten Weltmeister hatten die Spanier klar die Nase vorn. Im Mittelfeld stahlen Xavi und Andres Iniesta den italienischen Kollegen Andrea Pirlo und Riccardo Montolivo die Show. Im Angriff der Furia Roja begeisterten erst der wendige Cesc Fabregas und später der pfeilschnelle Fernando Torres, während der Deutschland-Bezwinger Mario Balotelli mit einer Unbeweglichkeit und Hüftsteifigkeit agierte, wie die daran erinnerte, in welcher Pose er nach dem zweiten Treffer gegen die DFB-Elf gejubelt hatte.
Spanien: Casillas - Arbeloa, Piqué, Ramos, Alba - Xavi, Busquets, Alonso - Silva (59. Rodriguez), Fàbregas (75. Torres), Iniesta (87. Mata).
Italien: Buffon - Abate, Barzagli, Bonucci, Chiellini (21. Balzaretti) - Pirlo - Marchisio, Montolivo (57. Thiago Motta), De Rossi - Balotelli, Cassano (46. Di Natale).
Tore: 1:0 Silva (14.), 2:0 Alba (41.), 3:0 Torres (84.), 4:0 Mata (88.). Schiedsrichter: Proença (Portugal). Zuschauer: 64 000.
Download: Spielplan und Ergebnisse
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.