Aus für ACTA in Straßburg

Europaparlament hat das Urheberrechtsabkommen abgelehnt

  • Katja Herzberg, Straßburg
  • Lesedauer: 2 Min.
Mit großer Mehrheit hat das EU-Parlament am Mittwoch in Straßburg gegen das Urheberrechtsabkommen ACTA gestimmt und den umstrittenen internationalen Handelsvertrag nach monatelangen Protesten endgültig begraben.
Vor der mit Spannung erwarteten Abstimmung im Europäischen Parlament zeigten sich die Gegner des Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) siegessicher. Nicht einmal von dem Gerücht, die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) werde sich um eine Verschiebung des Votums bemühen, ließen sie sich ihre Vorfreude trüben. »Sie werden scheitern, heute ist der Tag der Demokratie«, schrieb der schwedische Grünen-Abgeordnete Carl Schlyter via Kurznachrichtendienst Twitter und machte klar, dass seine Ablehnung unabhängig von dem Gutachten des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) über die Vereinbarkeit des Vertrags mit der Grundrechtecharta sei.

Das hat die EU-Kommission, die das Abkommen mit den EU-Mitgliedstaaten, den USA, Japan und acht weiteren Staaten verhandelte, unter dem Druck großer Protestaktionen in Auftrag gegeben. Zehntausende gingen zu Jahresbeginn in ganz Europa auf die Straße, um gegen ACTA zu demonstrieren. Sie kritisierten, dass das Abkommen zwischen Juni 2008 und November 2010 hinter verschlossenen Türen ausgehandelt worden sei, und warnten vor seinen möglichen Folgen für den Datenschutz. ACTA soll den Kampf gegen Produkt- und Markenpiraterie verbessern und damit geistiges Eigentum schützen. Aus Sicht von Netzaktivisten hätte es jedoch Reglementierungen bis hin zu Internetsperren zur Folge.

Nachdem bereits fünf Ausschüsse des EU-Parlaments das Abkommen abgelehnt hatten, fiel das Votum im Plenum eindeutig aus. 478 Abgeordnete, vor allem aus den Lagern der Sozialdemokraten, Linken, Grünen und Liberalen, stimmten gegen ACTA, nur 39 für die Ratifizierung. Die Konservativen hatten zuvor bereits keine Mehrheit für ihren Antrag auf Vertagung gefunden. Der Berichterstatter des federführenden Handelsausschusses, der britische Sozialdemokrat David Martin, wertete das klare Votum als »größte legislative Niederlage der Kommission im Parlament«. Auch der LINKEN-Abgeordnete Helmut Scholz zeigte sich erfreut, bremste die Euphorie jedoch. Der Kampf gegen ACTA müsse weitergehen. Denn für sein Inkrafttreten genüge es, wenn sechs der beteiligten Staaten das Abkommen ratifizieren. Dem könnten einzelne EU-Mitgliedstaaten beitreten.
Handelsbeziehungen mit der EU müssten dann in jedem Fall geregelt werden. Scholz hofft, dass das Parlament bei einer Neuverhandlung beteiligt wird und nicht bloß wieder für oder gegen solch ein Abkommen stimmen kann.

EU-Handelskommissar Karel De Gucht hatte noch am Dienstag erneut an die Abgeordneten appelliert, die Entscheidung des EuGH abzuwarten. Das Abkommen ändere nichts am gegenwärtigen Rechtsbestand der EU-Verträge. Produktpiraterie dagegen bedeute Wettbewerbsnachteile für europäischen Unternehmen. Die Bundesregierung will zumindest Teile von ACTA retten. Die Bereiche Produkt- und Markenpiraterie könnten nun in einem separaten Abkommen geregelt werden, sagte eine Sprecherin von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.
Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.