PLATTENBAU
Joe Jackson hat sich 15 Jazz-Klassiker von Duke Ellington vorgenommen. The Duke, der »Herzog«, war die Lichtgestalt der Swing-Ära in den Dreißigern und Vierzigern. Der Pianist und Bandleader schrieb Evergreens wie »Mood Indigo« oder »Caravan«, die bis heute als Improvisationsgerüst dienen. Aus seinem Duke Ellington Orchestra lockte er eine geradezu impressionistische Klangfarbenpracht hervor.
Grund genug für eine große Portion Ergebenheit. Joe Jackson sagt jedoch, er wollte »kein ehrfürchtiges Album« aufnehmen. Das würde auch nicht passen zu dem 57-jährigen britischen Rockmusiker, der sich nie vom Mainstream-Pop vereinnahmen ließ. Auf die Seite der Minderheit schlägt er sich übrigens auch mit seinem Einsatz für Raucher. Seine Wahlheimat New York verließ er, weil ihm dort die Glimmstengel-Hysterie auf die Nerven ging. Seit 2008 lebt er in Kreuzberg.
Jacksons Album besticht vor allem durch die einfallsreichen Arrangements, die großes Ohrenkino bieten; man spürt seine Erfahrung als Filmmusikkomponist. Mal schunkelt ein Kaffeehausorchester; mal gehen E-Gitarre und Cello eine spannungsreiche Liaison ein.
Jackson mischt elektronische Beats und Sounds in die Klänge seiner hochkarätigen Gäste. Punk-Ikone Iggy Pop grummelt »It Don't Mean a Thing If It Ain't Got That Swing«, Ellingtons berühmtesten Hit, welcher der Swing-Ära ihren Namen verlieh. Für entspannte Rhythmen sorgt der exzellente Jazzbassist Christian McBride. Mit von der Partie sind R&B-Röhre Sharon Jones, Ex-Frank-Zappa-Gitarrist Steve Vai, und »The Roots«-Schlagzeuger Questlove. Zwischendurch ertönt die eigentümlich nasale, frische Stimme Jacksons.
Verrückt mutet Jacksons Idee an, gänzlich auf Bläser zu verzichten, waren doch gerade die energiegeladenen Riffs von gellenden Trompeten und warmen Saxofonen das Markenzeichen des Duke Ellington Orchestra. »Ich wollte mich nicht wie ein verwässerter Ellington anhören«, erklärt Jackson. »Der Verzicht auf Bläser brachte mich zu der Frage, was man anders machen kann.«
Seine Suche führte ihn zu psychedelisch anmutenden Klanglandschaften: Mal umspülen Percussion-Wirbel ein Streichquartett. Dann wieder umschmeicheln Synthesizer ein Xylophon. Diese Patchwork-Musik taumelt durch Stile und Epochen. Die Ballade »Mood Indigo« bekommt durch E-Gitarren-Nachhall einen SiebzigerJahre-Anstrich. »Rockin' in Rhythm« wird dank Xylofonwirbel zur ausgelassenen Kindergeburtstagsmusik. Die schwerblütig kreiselnde »Caravan«-Melodie erklingt auf Persisch. Und »Perdido« kommt schließlich als hüpfende Samba daher - eine Anspielung auf die Aufgeschlossenheit Ellingtons, der als einer der Ersten lateinamerikanische Rhythmen in den Jazz einschleuste.
Joe Jackson: The Duke (earMusic/edel)
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