Schulterzucken in Thüringen
NSU: Niemand will politische Verantwortung übernehmen
Erfurt (nd-Heilig). Der NSU-Untersuchungsausschuss des Erfurter Landtages setzte am Dienstag seine am Vortag begonnenen Befragungen fort, um Ursachen für das Versagen der Sicherheitsbehörden zu erkennen. Der Terrorzelle des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU), die aus dem Thüringer Heimatschutz hervorgegangen ist, werden zehn zumeist fremdenfeindliche Morde, Bombenanschläge und Banküberfälle angelastet. Als Zeuge geladen war Ex-Innenminister Günter Schuster (CDU). Er sollte erklären, wer die politische Verantwortung dafür trägt, dass der skandalträchtige Helmut Roewer Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes werden konnte. Roewer hatte am Vortag erklärt, er wisse nicht, wer ihn für das Vertrauensamt vorgeschlagen habe. Schuster dagegen sagte, dass Roewer sich Anfang 1994 selbst um den Posten beworben hatte.
Für Aufklärung konnte oder wollte auch Michael Lippert nicht sorgen, der zwischen 1990 und 1994 als Staatssekretär zuständig für die Innere Sicherheit war. Nach Thomas Dienel und Tino Brandt gefragt, bekundete er ebenfalls Unkenntnis. Auch dass die beiden militanten Neonaziführer - obwohl mehrfach als Straftäter erkannt - als V-Leute des Landesamtes für Verfassungsschutzes unter Vertrag waren, wusste Lippert angeblich nicht.
In der Debatte um die Ermittlungspannen meldete sich gestern die Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zu Wort. Sie stellte die Notwendigkeit des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) in Frage. Drei V-Leute habe er beim Thüringer Heimatschutz platziert - ohne Erfolg. »In dieser Form brauchen wir den Militärischen Abschirmdienst nicht mehr«, schlussfolgerte die Ministerin in der »Augsburger Allgemeinen«.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.