Interreligiöser Dialog auf Saudiarabisch
Österreichs Parlament billigt »König-Abdullah-Zentrum« in Wien
In muslimischen Ländern hat die saudisch-wahhabitische Mission schon eine jahrzehntelange Tradition. Vor allem auf dem Balkan, in Bosnien und Kosovo kennt man die neu errichteten Religionsschulen und Moscheen, die der europäischen Lesart des Islam eine radikal-konservative und puristische gegenüberstellen. In Wien soll nun mit dem »König-Abdullah-Zentrum« offensichtlich eine neue Art der Missionierung Fuß fassen. Die dazu verwendeten Schlagwörter des interreligiösen und interkulturellen Dialogs klingen angesichts der Lage in Saudi-Arabien wie Hohn. Dort, woher das Geld für den angeblichen Dialog kommt, gilt der Wahhabismus als einzig erlaubte Glaubensrichtung, dürfen Christen keine Kirchen bauen, Juden nicht einreisen und gelten Atheisten als Schwerverbrecher.
Was Österreichs politische Kaste dazu bewegt, dem politischen Repräsentanten der reaktionärsten Lesart von Religion auf dieser Welt, dem saudischen König, eine vorgeblich multikulturelle Bühne zu offerieren, darüber kann nur gemutmaßt werden. Die grüne Abgeordnete Alev Korun, eine aus der Türkei stammende Muslima, ortet in dieser Politik eine »Mischung aus Naivität, Desinteresse und wirtschaftlichem Interesse«.
Neben der FPÖ sind es vor allem die Grünen, die sich gegen das neue Zentrum aussprechen. Auch der Pressesprecher der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Zekirija Sejdini, gab sich dem saudischen Vorstoß gegenüber mehr als skeptisch: »Grundsätzlich begrüßen wir es nicht, eine islamische Strömung von außen zu importieren«, meinte er trocken.
Geplant ist das saudische Dialog-Zentrum an einer der besten Adressen Wiens. Bereits vor Jahresfrist erwarb Riad dafür das von den Architekten Helmer und Fellner vor 140 Jahren erbaute Palais Sturany für wohlfeile 8,5 Millionen Euro. Weitere »mittelgroße Investitionen« sind geplant, heißt es. Und die Finanzierung für die kommenden drei Jahre ist gesichert.
Von österreichischer Seite wird die ehemalige Justizministerin Claudia Bandion-Ortner im König-Abdullah-Zentrum einen Versorgungsposten im »Board« antreten. Ihre Expertise in religiösen Fragen wusste sie bisher gut hinterm Berg zu halten. Im Interview mit dem »Standard« wich sie der Frage nach etwaigen Spuren von »interreligiösem Dialog« in Saudi-Arabien frech aus: »Ich weiß nicht, wie es in Saudi-Arabien ist, und muss mir das selbst erst ansehen«, gab sich die Konservative lernwillig.
Die politischen Weihen des österreichischen Nationalrats für das saudische Prestigeprojekt waren notwendig, um dafür eine eigene Völkerrechtspersönlichkeit zu schaffen. Die kann für erleichterten, staatlich nicht überwachbaren Personenverkehr zwischen Wien und Riad hilfreich sein, wie sie auch die Exterritorialität des Ringstraßenpalais festschreibt. Alles, was im König-Abdullah-Zentrum passiert, findet außerhalb österreichischer Rechtsprechung statt. Es klingt nach Ironie, dafür ausgerechnet eine frühere Justizministerin als Kontaktperson zu ernennen.
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