Scheuklappen
Kommentar von Art van Riel
Die Ergebnisse der Studie des Pew-Forschungszentrums über die Zuversicht in der Weltwirtschaft sind nicht überraschend. Infolge der Wirtschaftskrise sinkt weltweit das Vertrauen in den Kapitalismus. Große Bewegungen für Veränderungen sind aber derzeit nur in Ländern zu erwarten, die am stärksten von der Wirtschaftskrise betroffen sind und wohl auch nur von den Betroffenen selbst. Dagegen tragen die meisten Menschen, die in ihrem Alltag nicht die Auswirkungen der Krise zu spüren bekommen, offensichtlich Scheuklappen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie mehrheitlich denken, dass es den Menschen in einer »freien Marktwirtschaft« besser geht. Dass das freie Spiel der Märkte etwa in den südeuropäischen Ländern derzeit zu massenhafter Erwerbslosigkeit und Armut führt, scheint ihnen entgangen zu sein.
Die Resultate der Erhebung lassen auf ein zentristisches Denken der Mehrheit der Befragten schließen, das auf den eigenen Nationalstaat beschränkt ist. Auch in der Bundesrepublik, wo zahlreichen Menschen nicht klar zu sein scheint, dass die eigene wirtschaftliche Entwicklung nicht getrennt von der Lage in anderen Ländern bewertet werden kann. So hat die Exportnation Deutschland in den vergangenen Jahren die Ökonomien anderer EU-Länder an die Wand gedrückt. Dagegen versucht die Bundesregierung, mit Verweis auf durch Konjunkturpakete erzwungene Wachstumsraten und geschönte Arbeitslosenstatistiken, den Eindruck einer wirtschaftspolitisch positiven Bilanz zu erwecken. Bei vielen Bundesbürgern offensichtlich mit Erfolg.
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