Der Held ist schwarz

Mit »Blaxploitation« gegen die weiße Mehrheitsgesellschaft / Zwölf Filme im Arsenal

  • Kira Taszman
  • Lesedauer: 3 Min.

Es gibt keinen cooleren als ihn: den schnurrbärtigen Mann im langen braunen Ledermantel. Shaft heißt der Privatdetektiv, auf den alle Weiber scharf sind. Er spricht so gut wie er schießt - und er ist schwarz. Der Held von Gordon Parks' gleichnamigem Spielfilm »Shaft« (1971) avancierte nicht nur zur Identifikationsfigur einer ganzen Generation junger Afro-Amerikaner zu Anfang der 1970er Jahre. Der Harlem-Krimi trat ebenfalls eine Welle von eher billig produzierten, aber höchst erfolgreichen Kinoproduktionen los, die als »Blaxploitation« in die Filmgeschichte eingehen sollten.

Die Wortschöpfung aus »black« (schwarz) und »exploitation« (Ausbeutung, Verwertung) ist Programm. In diesen Filmen verkamen schwarze US-Amerikaner nicht zu Stereotypen wie Verbrechern, Dienern oder »guten Negern« im Sinne von »Onkel Toms Hütte«. Sie inszenierten die Filme selbst, spielten Hauptrollen und setzten sich, ganz im Sinne der Bürgerrechtsbewegung der Zeit, gegen die weiße Mehrheitsgesellschaft zur Wehr.

Dabei bedienten die Helden der Blaxploitation-Filme zuweilen bewusst Klischees: So bevölkern »Shaft« etliche schwarze Ganoven und dubiose Geschäftsleute. Doch die Protagonisten sind nicht fremdbestimmt, und der Film präsentiert eine eigene schwarze Kultur wie den mitreißenden, »Oscar«-prämierten Soundtrack von Isaac Hayes. Außerdem triumphiert der Held mit Charme, Sex-Appeal und auch verbaler Schlagkraft - ganz nach dem Motto »Black is beautiful«.

Die zwölf repräsentativen Filme, die nun in einer Retrospektive im Kino Arsenal gezeigt werden, beleuchten die verschiedenen Facetten und Trends der »Black Action«-Filme. So versteht sich Melvin Van Peebles' experimenteller Film »Sweet Sweetback's Baadasssss Song« (1971) als zornige Anklage an die jahrhundertelange Unterdrückung der Schwarzen in der US-Gesellschaft. Der Vorspann stellt die Darsteller als Mitglieder der »Black Community« vor und es wird betont, dass der Film sich gegen »The Man« richtet, ein Begriff, der für den weißen Mann per se steht.

Das formell und narrativ gewagte Werk stellt einen jungen Schwarzen in den Mittelpunkt, der sich einer willkürlichen Verhaftung widersetzt und zwei weiße Polizisten ins Koma geprügelt hat. Daraufhin folgt eine Hatz auf ihn wie auf einen entflohenen Sklaven. Der anfänglich vor allem durch seine Potenz hervorgetretene Held Sweetback mutiert zum Symbol für den wehrhaften Afro-Amerikaner. Dabei hält dieser Film einige bizarre Sex-Szenen bereit, ist mit wilden Funk-Rhythmen unterlegt und arbeitet mit Split Screens und Überblendungen.

Wegen seiner nicht-kommerziellen Ausrichtung sahen ihn viele nur bedingt als Blaxploitation-Film an. Dennoch ist die extreme Sexualisierung des Helden ein Markenzeichen des Genres. Ein weiteres waren Gewalt und - später auch durch Hollywood-Studios zementierte - Klischees, was auf harsche Kritik von Bürgerrechtlern stieß. Dass die Black-Power-Filme, unabhängig von ihrer Qualität oder politischen Korrektheit, von vielen Emanzipationsbewegungen geprägt waren, bewiesen auch ihre brachialen Heldinnen. So avancierten Tamara Dobson als karate-kundige Amazone Cleopatra Jones im gleichnamigen Film (1973) und vor allem Pam Grier als rachsüchtige »Foxy Brown« (1974) zu den weiblichen Pendants von Shaft und Co.

20 Jahre später inspirierte Grier den Meisterregisseur Quentin Tarantino zu seinem wohl schönsten Film: »Jackie Brown« (1997). Darin spielt Grier eine Stewardess, die auf eigene Faust eine Handvoll aufdringlicher Männer überlistet. Allein wie Grier zum Auftakt des Thrillers zu den Soul-Klängen von »Across 110th Street« von Bobby Womack im blauen Anzug über ein Rollband läuft, ist die schönste Hommage an die Ikone der Blaxploitation-Filme, die man sich vorstellen kann.

20. 7. bis 24.8. im Arsenal am Potsdamer Platz, im Internet: www.arsenal-berlin.de

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