Genügend Stars auf der Bank

US-Basketballer besiegen Franzosen und vergleichen sich mit großen Vorgängern

  • Oliver Händler
  • Lesedauer: 3 Min.
Die US-Basketballer stiegen standesgemäß mit einem 98:71-Sieg ins olympische Turnier ein. Gegen den tapfer kämpfenden Vizeeuropameister Frankreich hatten sie zunächst etwas Mühe, danach wurde gezaubert.

Es dauerte ein bisschen, bis der Zug ins Rollen kam. Fast schien es, als ob selbst die millionenschweren US-Profis ein bisschen Lampenfieber spürten zum Start ihres olympischen Turniers. Ein Viertel lang konnten die Franzosen die großen Turnierfavoriten ein bisschen ärgern, doch letztlich gewannen LeBron James, Kobe Bryant und Co. standesgemäß 98:71 (52:36).

In den ersten zehn Minuten konnten die Franzosen mithalten, obwohl sie nur die Hälfte ihrer Freiwürfe trafen. Auf der anderen Seite schienen sich die NBA-Profis noch nicht an die um knapp 50 Zentimeter kürzere Distanz von Dreipunktlinie zu Korb gewöhnt haben. Die ersten sechs Versuche gingen daneben. Ganz im Gegensatz zu den Franzosen, bei denen Yannick Bokolo mit einem Distanzwurf den Zwischenstand von 20:21 zum Viertelende herstellte.

Just in diesem Moment öffnete der Londoner Himmel erstmals bei diesen Spielen seine Schleusen. Während es draußen donnerte, blitzte in der Basketball-Arena des Olympic Parks endlich die Klasse der US-Amerikaner auf, die zu sehen fast 9000 gekommen waren.

NBA-Meister LeBron James aus Miami traf den ersten Dreier für das »Dream Team 2012« und öffnete somit quasi die Punkteschleuse. Weitere Distanzwürfe von Kevin Durant (Oklahoma City), Lebron James (Los Angeles) und Kevin Love (Minnesota) machten aus dem engen Spiel schnell einen 16-Punkte-Rückstand für Frankreich zur Halbzeit.

Jetzt klappten auch die Schnellangriffe und Alley-oop-Dunkings, jene einfachen und die Zuschauer begeisternden Punkte, die Frankreich unbedingt vermeiden wollte. Auch die Europäer haben ein Team gespickt mit NBA-Profis. Außer Tony Parker von den San Antonio Spurs sind es aber nur Rollenspieler in den USA. Auch sie können hoch springen, gut werfen und schnell laufen, doch gegen die US-Auswahl hatten sie keine Chance.

Den Goldfavoriten stört nicht einmal, dass vor den Spielen ein Star nach dem anderen verletzt ausfiel: Dwyane Wade, Dwight Howard oder Blake Griffin verdienen alle mehrere Millionen Dollar im Jahr, doch vermisst wurden sie gestern kaum. Es gibt genug andere Stars auf der Bank, um sie zu ersetzen.

Kobe Bryant ließ sich sogar zur blasphemischen Bemerkung hinreißen, die aktuelle Mannschaft sei besser als das erste »Dream Team« 1992 in Barcelona mit Michael Jordan, Larry Bird und Earvin »Magic« Johnson. »Wir sind auf dem Zenit, viele Spieler waren damals schon darüber hinaus«, sagte Bryant. Charles Barkley, Mitglied des 92er Teams, schlug zurück: »Aus dem heutigen Kader hätten es nur zwei oder drei Spieler in unser Team geschafft.« US-Präsident Barack Obama entschied sich ebenfalls für die ältere Generation. Seine Frau Michelle saß gestern in der Halle bei den Jungen.

Es ist bezeichnend, dass über die Möglichkeit, Gold wie zuletzt 2004 zu verlieren, gar nicht diskutiert wird. Warum auch, wenn es läuft wie in den letzten drei Vierteln gegen Frankreich. Die US-Stars, von denen viele kaum 25 Jahre alt sind und die munter durchwechselten, konzentrierten sich eher auf schöne Punkte denn auf gute Spielsysteme. Dass es trotzdem 27 Punkte Vorsprung gegen den Vizeeuropameister wurden, zeigt, dass die Arroganz nicht ganz unberechtigt ist.

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