Allem Druck standgehalten

Diskusweltmeister Robert Harting aus Berlin gewinnt mit seinem überragenden fünften Versuch schließlich doch noch Gold

  • Oliver Händler, London
  • Lesedauer: 3 Min.
Robert Harting ist Olympiasieger. Der Berliner gewann nach zwei Weltmeistertiteln nun auch den Diskuswurf-Wettbewerb von London. Dabei machte er es mal wieder ziemlich spannend.

Es dauerte bis zum fünften Versuch. Dann wachte Robert Harting auf. Der Weltmeister schleuderte die zwei Kilogramm schwere Diskusscheibe auf 68,27 Meter. Endlich lag er vorn. Endlich marschierte Harting durchs Stadion. Bis zu diesem Wurf war er nur geschlendert. Als Harting auch nach dem letzten Wurf vorn lag und Gold sicher war, wurde aus ihm sogar noch ein Hürdenläufer.

Eine Stunde zuvor hatte der Iraner Ehsan Hadadi seinen ersten Versuch 68,18 Meter weit geworfen und damit die Konkurrenz geschockt. Die alten Haudegen Gerd Kanter aus Estland und der Litauer Virgilius Alekna sollten sich die Zähne an der Weite ausbeißen, und auch Harting knabberte lange daran. Mitten in seinen ersten Versuch hinein knallte der Startschuss zu einem Halbfinale über 800 Meter. Trotzdem warf er immerhin 67,79 Meter. Das war zunächst der Silberrang.

Harting und Alekna schienen in der Folge verunsichert. Der Deutsche setzte seinen zweiten Versuch ins Fangnetz, der Litauer seinen dritten. Hadadi hingegen legte noch einmal 67,28 Meter nach. Im Nieselregen ließ Harting 67,27 Meter folgen. Immer noch nicht genug für Gold.

Der Stadionsprecher lenkte die Aufmerksamkeit der Zuschauer immer wieder auf den Doppelweltmeister, wenn dieser den Ring betrat. Seit August 2010 war Harting schließlich in 28 Wettkämpfen ungeschlagen. Als jedoch auch Versuch Nummer vier zu kurz blieb, versteinerte Harting für Sekunden ratlos im Ring. »Zwischendurch hatte ich schon ein bisschen schwache Beine bekommen«, gab Harting zu.

Doch dann kam Gerd Kanter. Der Este verdrängte im fünften Versuch Harting auf Rang drei, der nun Gefahr lief, wie in Peking nur Vierter zu werden. Harting konterte mit der Siegesweite. »Der Wurf nach links war alles andere als optimal, aber es war natürlich geil, dass der dann zehn Zentimeter weiter war«, so der neue Olympiasieger aus der Hauptstadt. »Berlin hat so viele gute Bundesligisten, nun haben wir auch wieder einen Spitzenindividualsportler.«

Der Iraner Hadadi, dessen Bestleistung bei 69,32 Metern liegt, warf in seinem fünften Versuch sogar noch mal weiter als Harting, trat dabei jedoch über. Im letzten Versuch konnte der Asienrekordhalter dann nicht mehr kontern. Nach Bronze bei der WM 2011 in Daegu ist es aber trotzdem der größte Erfolg für den Iraner.

Der Magdeburger Martin Wierig kam mit 65,85 Metern auf Platz sechs. »Ich wollte den Endkampf der besten Acht erreichen. Alles darüber hinaus ist für mich wie eine Medaille«, sagte Wierig. »Hut ab vor Robert, wie er dem Druck stand gehalten hat. Die Konkurrenz war wirklich stark. 68 Meter brauchte man für eine Medaille. Das ist wirklich hart.«

Harting feierte dann den Sieg wie seine WM-Titel 2011 und 2009 in Berlin. Auch in London musste das Shirt dran glauben. Sekunden nach dem Sieg zerriss der Berliner das Stück Stoff und rannte dann mit freiem Oberkörper und deutscher Fahne seine Ehrenrunde, die er auf den letzten 100 Metern galant mit ein paar Hürdensprüngen beendete.

Derweil lief abgesehen von den Werfern nicht viel im deutschen Leichtathletikteam. Hürdenläuferinnen Cindy Roleder und Carolin Nytra verpassten mit schwachen Leistungen über 100 Meter ebenso das Finale wie Weitspringerin Sosthene Moguenara. Die Speerwerferinnen Christina Obergföll, Linda Stahl und Katharina Molitor überstanden dagegen die Qualifikation und kämpfen am Donnerstag um Medaillen.

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