Zweifel bis zur Hüfte

Robert Harting nach Olympiasieg erleichtert

  • Lesedauer: 3 Min.
Diskuswerfer ROBERT HARTING hat seinen Olympiasieg kräftig gefeiert. Danach war die Akkreditierung weg, und ohne die darf selbst ein Olympiasieger nicht ins Athletendorf.

Herr Harting, können Sie ihren Olympiasieg einen Tag danach schon einordnen?
Harting: Es ist sehr viel belohnt worden. Vor allem das Beißen, das immer Gefahr läuft, nicht belohnt zu werden. Die letzten drei Jahre haben mich sehr verändert, vor allem die Schmerzen nach Verletzungen.

Hatten Sie auch im Olympiafinale Schmerzen?
Ja, die sind aber nichts Neues für mich. Mein Knie tut leider wie im letzten Jahr weh, trotz einer Operation. Ich kann aber zehn Würfe gut belasten, danach wird es anstrengend. Das eigentliche Problem im Finale war aber, dass die Zweifel immer höher rutschten vom Zeh über die Knie zur Hüfte. Die Beine wurden schwer.

Zum Zerreißen des Shirts beim üblichen Goldjubel kam dieses Mal sogar ein Hürdenlauf dazu. War der geplant?
Nein, die wurden da gerade für das Finale der Frauen aufgebaut, und alle Schiris riefen: »Hier kannst du nicht lang!« Die haben mich provoziert.

Es sah so aus, als wollten Sie sogar noch ein Stück des Olympischen Feuers mitgehen lassen.
Ich habe die Möglichkeit genutzt, da die Ordner gerade nicht aufgepasst haben. Alle haben gerufen: »No, no, no!« Und ich dachte nur: »Yes, yes,yes!« Diesen Stab anzufassen, hatte schon was. Ich konnte das durchströmende Gas spüren. Das war sehr dynamisch.

Ihr Gold war fest eingeplant. Ist die Anspannung schon gewichen?
Der Moment des Sieges war natürlich extrem befreiend. Druck war für mich nichts Neues. Aber in der Dimension und Intensität kannte ich ihn noch nicht. Ich wusste aber auch, was ich kann. Man hat aber gesehen, dass so etwas ganz schnell ein Schuss in den Ofen werden kann.

Und danach haben sie richtig gefeiert, wie man hört.
Zu einem guten Sportler gehört auch immer ein gutes Nachtleben.

Dabei wurden sie bestohlen.
Ja leider. Es sind viele begeisterte Menschen mit in den Club gekommen. Vielleicht wurden auch ein paar mit reingelassen, die da nicht hingehörten, aber eigentlich haben sich alle ordentlich benommen - bis auf einmal meine Tasche weg war. Auch meine Akkreditierung war weg, da kam ich dann nicht mehr ins Athletendorf rein und musste eine Stunde vor dem Eingang schlafen, bis ich eine neue Akkreditierung hatte.

Die Wachleute lassen also selbst Olympiasieger nicht ins Dorf?
Ich habe ihnen meinen Reisepass gezeigt, und immer wieder gesagt, dass ich gerade vom Wettkampf komme und bestohlen wurde. Aber es führte kein Weg rein.

Was hätten Sie dem Dieb denn gesagt, hätten Sie ihn inflagranti erwischt?
Ich hätte ihn zur Rede gestellt. Die Themse war auch in der Nähe. Er hätte auf jeden Fall schwimmen können müssen.

Sie sollen dann sogar in der Londoner Bahn geschlafen haben.
Ich war müde. Aber ich habe in meiner Jugendzeit schon häufiger mal in der Bahn geschlafen. Das ist kein Problem.

Sind Sie nun die Galionsfigur der deutschen Leichtathletik.
Bis jetzt haben sie ja keinen anderen. Es kommen aber noch ein paar Disziplinen, wo wir Chancen haben. Als Athlet muss man dafür aber bereit sein. Wir versuchen alle, den Sport wieder etwas mehr in den Vordergrund zu bringen, so dass in der Schule nicht nur noch Fußball gespielt wird.

Aufgezeichnet: Oliver Händler

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.