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Rätselhaft unsportlich

Indien kam in London bislang zu vier Medaillen

  • Can Merey und Sunrita Sen, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.
Inder haben seit der Unabhängigkeit ihres Landes vor 65 Jahren weniger Medaillen bei Olympia gewonnen, als Michael Phelps mit 22 in seiner Karriere alleine erschwommen hat. Alle vier Jahre stellt sich wieder die Frage: Warum ist das Milliardenvolk eigentlich so unsportlich?

Als die Boxerin Mary Kom im Fliegengewicht in London Bronze holte, war das die vierte Medaille bei diesen Spielen für das mit 1,2 Milliarden Einwohnern nach China bevölkerungsreichste Land der Welt. Die bisherige olympische Spitzenleistung Indiens liegt bei dreimal Edelmetall von 2008. Seit der Unabhängigkeit vor 65 Jahren haben Inder insgesamt lediglich 19 Olympiamedaillen gewonnen.

Ein Blick auf den aktuellen Medaillenspiegel lässt erahnen, dass Indien zwar eine aufstrebende Regionalmacht sein mag, aber ganz sicher keine große Sportlernation ist. China, mit dem sich Indien auf anderen Feldern gern misst, hat nach zwei Dritteln der 302 Entscheidungen insgesamt schon 76 Medaillen und kämpft mit den USA erneut um den Sieg in der Länderwertung. Gold für Indien gab es zuletzt 2008 in Peking und davor 1980 in Moskau. In Athen (2004) und Sydney (2000) gewann Indien jeweils nur eine einzige Medaille.

Kaum verwunderlich also, dass alle vier Jahre die Diskussion darüber aufflammt, warum die olympischen Leistungen der Inder so dürftig sind. Manche Erklärungsversuche muten absurd an. So zitierte die »Times of India« nach den Spielen von 2004 einen Stoffwechselexperten, der seine Landsleute schlicht für zu dick hielt: Er machte einen genetisch bedingten überdurchschnittlichen Körperfettanteil für das schlechte Abschneiden verantwortlich.

Andere Gründe sind da plausibler. Experten verweisen darauf, dass generell die Voraussetzungen für potenzielle Sportler auf dem Subkontinent schlecht sind. Immer noch leben 400 Millionen Inder in Armut, und viele Kinder sind unterernährt. Die Infrastruktur ist besonders außerhalb der Metropolen unterentwickelt, Sportstätten sind rar. So haben im vergangenen Jahr vor nationalen Wettkämpfen im Bundesstaat Jharkand die Schwimmer mangels Pool auf dem Trockenen und die Sportschützen ohne Munition üben müssen.

Sportförderung ist in Indien kaum existent. Die einzige Sportart, bei der gigantische Summen fließen, ist Kricket. Dort sind die Inder Weltklasse - aber Kricket ist nicht olympisch. Dennoch glauben Experten, dass Sportarten wie Badminton oder Boxen in Indien zunehmend populärer würden. Aber die Entwicklung zur Spitze werde noch zehn bis 15 Jahre dauern. Diskuswerfer Vikas Gowda, der in London den achten Platz belegte, ist dennoch zuversichtlich und meint: Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung Indiens werde sich auch die Sportinfrastruktur verbessern.

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