Kahane: Behörden bagatellisieren Gefahr von Rechts

  • Lesedauer: 2 Min.

nd: Die Studie macht wenig Hoffnung, dass sich nach den NSU-Morden im Kampf gegen Rechts wirklich etwas bewegt. Muss man in Deutschland Angst haben, weil man anders aussieht oder sich gegen Rechts engagiert?
Kahane: Im Grunde geht es doch darum, dass sich Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland frei fühlen können, in Ost und in West. Das ist nach wie vor nicht der Fall, besonders in Ostdeutschland, da brauchen wir uns nichts vorzumachen. Dass nur etwa ein Prozent der Bevölkerung dort nicht weiß ist, hat einen Grund. Nach wie vor werden die meisten Übergriffe auf Ausländer im Osten verübt.

Rassismus ist also nach wie vor ein ostdeutsches Phänomen?
Das nicht unbedingt, aber es gibt ein Interesse daran, den Zuzug von Migranten unterschwellig zu erschweren. Wenn ihnen Gewalt angetan wird, dann sind die Opferberatungsstellen und die Medien sofort zur Stelle. Kann man sich hingegen schon von Anfang an des »Auslösers« entledigen, spielt Rassismus auch keine Rolle.

Westdeutschland bezeichnen Sie im Kampf gegen Rechts als Entwicklungsland, wie meinen Sie das?
In Ostdeutschland hat sich über Jahre hinweg eine feste Kameradschaftsstruktur entwickelt, die hoch organisiert ist. Die kehrt jetzt in den Westen zurück. Dort treffen die Kameraden auf schockierte Bürger, die kaum Erfahrung im Umgang mit organisiertem Rechtsextremismus haben. Bisher gibt es eine professionelle Beratungsstelle in ganz Westdeutschland, es fehlt an Experten. Im Osten gibt es dagegen Organisationen mit viel Erfahrung, die man nutzen sollte.

Woher kommt die Bagatellisierung seitens der Behörden?
Man war sich des Problems einfach nicht bewusst. Einwanderung war erst gewünscht, dann wieder nicht. Niemand hat sich wirklich komplex mit dem Thema auseinandergesetzt.

Interview: Christin Odoj

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.