Energiepreise treiben Mieten hoch

Verband der Wohnungsunternehmen rechnet für die Zukunft mit Schlimmerem

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Energie wird teurer. Fernwärme kostet jetzt in Brandenburg acht und in Berlin sieben Prozent mehr als vor einem Jahr, Gas ist neun beziehungsweise zehn Prozent teurer, Strom 4,5 und 6,5 Prozent. Das ermittelte der Verband der Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmen (BBU).

»Die Entwicklung der Energiepreise bereitet uns zunehmend Sorge«, erklärte BBU-Vorstand Maren Kern gestern. Noch bekommen die Mieter der im BBU zusammengeschlossenen Wohnungsgenossenschaften und kommunalen Wohnungsunternehmen den Preissprung nicht voll zu spüren. Durch die Modernisierung der Bestände konnte der Energieverbrauch gesenkt werden. Die Warmmieten, bei denen die Betriebskosten inklusive sind, stiegen deswegen in Brandenburg lediglich um durchschnittlich 1,9 Prozent, in Berlin um 1,7 Prozent. Doch die Quartiere seien mittlerweile zu 80 Prozent modernisiert, erläuterte Kern. In Zukunft lasse sich da nicht mehr viel erreichen. Dann drücken höhere Preise für Heizung, Gas und Strom voll durch.

Bei der Ermittlung der Kosten greift der Verband auf eine Musterrechnung zurück. Die Preisangaben gelten immer für ein nach 1945 gebautes Haus mit 30 Mietparteien und je zwei Bewohnern pro Quartier auf insgesamt 2000 Quadratmeter Wohnfläche. Es gibt noch weitere Kriterien. Wenn nur eins davon nicht zutrifft, können sich ganz andere Preise ergeben. Man darf sich also als Brandenburger nicht wundern, wenn die jährliche Fernwärmerechnung nicht wie angegeben um knapp 80 auf rund 1000 Euro, die Gasrechnung um 57 auf 635 Euro gestiegen ist. Dass Fernwärme nach BBU-Angaben in Pritzwalk um rekordverdächtige 44 Prozent teurer wurde, trifft also nicht jeden Eiinwohner gleichermaßen, und in Falkensee darf sich nicht jeder über eine 29-prozentige Preissenkung freuen.

Die Energiewende sei notwendig, räumte Kern ein. Aber sie befürchtet, dass die Verbraucher einen Preisschock erleben. Deshalb warnte Kern davor, »Umwelt- und Verbraucherschutz weiter zu entkoppeln«. Komfortables Wohnen dürfe nicht unbezahlbar werden.

Den benötigten Strom mit eigenen Solaranlagen auf den Dächern selbst produzieren, das können die BBU-Firmen nicht, bedauerte Siegfried Rehberg, der als technischer Referent beim Verband arbeitet. Viele der Genossenschaften und kommunalen Unternehmen seien als gemeinnützige Vermieter anerkannt und genießen deshalb Steuervergünstigungen. Die Erlöse aus dem Verkauf selbst erzeugten Solarstroms müssten aber als gewerbliche Einnahmen verbucht werden. Dann fiele die Steuervergünstigung weg. Das Ergebnis: 2000 Euro eingestrichen, aber 100 000 Euro Steuern schuldig, rechnete der BBU ein Beispiel vor. Es gibt aber auch Lichtblicke. Trinkwasser und Abwasserentsorgung sind in Brandenburg im Schnitt 1,3 Prozent billiger geworden. Freilich ist dies wahrscheinlich stellenweise mit Altanschließerbeiträgen erkauft.

In Berlin sind Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung unverändert teuer geblieben. Die Hauptstadt nimmt damit unter den deutschen Großstädten eine traurige Spitzenposition ein. Ein Grund dafür ist die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe 1999. Kern und Rehberg sind allerdings »skeptisch«, dass die beabsichtigte Rekommunalisierung eine Trendwende einleitet. Im Gegenteil: Sie erinnern an negative Erfahrungen in Potsdam, wo Trink- und Abwasser noch mehr kosten als in Berlin. Die Potsdamer Wasserwirtschaft ist erst privatisiert und später von der Stadt zurückerworben worden. Um die Kosten des Rückkaufs wieder hereinzubekommen, seien die Gebühren erhöht worden, beklagte Rehberg.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.