Een Speukels geiht üm?

Hans-Joachim Meyer, Jg. 1942, Hamburger, übersetzte ins Plattdeutsche

  • Lesedauer: 3 Min.
nd: In mehr als 100 Sprachen ist das Kommunistische Manifest übersetzt, nun dank Ihnen auch in die »Weltsprache« Plattdeutsch. Wie kamen Sie auf diese Idee?
Meyer: Nach der EU-Sprachencharta ist Plattdeutsch eine vollwertige Sprache. Und nicht nur die Landesverfassungen von Hamburg und Niedersachsen, auch die UN- Menschenrechtserklärung wurde auf Platt übertragen. Warum also nicht das »Manifest«? Ich halte es für das wichtigste Dokument der internationalen Arbeiterbewegung, die Gründungsurkunde.

Die Übersetzung ist also Ihr Geschenk zu 165 Jahre Kommunismus? 1847 wurde in London der Bund der Kommunisten gegründet, für den Marx und Engels das »Manifest« schrieben.
Dat wör een Tofall. Ich freue mich aber, unbewusst ein Geschenk gemacht zu haben. Zumal das Buch auch die von Engels geschriebene Geschichte des Bundes enthält.

Glauben Sie, dass Sie im norddeutschen Raum neue Anhänger von Marx rekrutieren können?
Dat wär dat Slechteste nich.

Meinen Sie, es gibt noch Interesse am »Manifest« hierzulande?
Das Interesse am Marxismus ist mit Sicherheit gestiegen. Dank der Krise und den großzügigen Geschenken von Hunderten von Milliarden Steuergeldern an die Großbanken und die dadurch verursachte Schuldenkrise. Selbst Hamburgs ehemaliger CDU-Bürgermeister Ole von Beust nimmt heute das Wort »Kapitalismus« in den Mund. Dat wüll wat heten.

»Een Speukels geiht üm in Europa – dat Speukels mit Naam Kommunismus.« Diesen ersten Satz des »Manifests« kann der des Plattdeutschen nicht kundige Bürger noch entziffern, ansonsten ...
Darum habe ich am Schluss auch eine Wortliste angehängt.

Welche Passagen bereiteten die größten Transkriptionsprobleme?
Eigentlich war der ganze Text ein recht hartes Brot, wegen der vielen Bandwurm- und Schachtelsätze und der manchmal antiquierten Sprache. Aber ich denke, es ist ein recht lesbarer Text geworden.

Sie haben sogar Vor- und Nachworte zum »Manifest« übersetzt.
Die Vorworte von 1872 und 1890 sind wichtig, weil sie die wachsende Stärke der deutschen Arbeiterbewegung dokumentieren.

Wie lange brauchten Sie?
Mit einigen Pausen neun Monate.

Werden Sie nach dieser Geburt jetzt auch Marxens »Kapital« op Platt bringen?
Auf Ihre Frage habe ich soeben beschlossen, mindestens 100 Jahre alt zu werden. Dann könnte ich es schaffen. Es gibt allerdings Pessimisten, die sagen, dass Plattdeutsch bis dahin ausgestorben ist, wenn die Politik nicht gegensteuert. Dann dürfte ein plattdeutsches »Kapital« schwer abzusetzen sein.

Das »Manifest« endet mit ...
Schüllt doch de herrschen Klassen vör en kommunistische Revolutjoon bävern. De Proletariers hebbt in ehr nix to verleren as jümehr Käden. Se hebbt en Welt to winnen. Proletariers vun all Länner, verenigt joo!

Fragen: Karlen Vesper

»De Kommunistische Partei ehr Manifest« ist erhältlich über aj@fraujansen.de (9 €).

Fragwürdig – Een Speukels geiht üm?
Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.