Herero-Gedenkfeier sorgt für Wirbel
Linker Bundestagsabgeordneter Niema Movassat bekommt viel Zustimmung bei Besuch in Namibia
Es blieb alles friedlich beim Herero-Gedenktag in Okahandja. 2000 Herero versammelten sich, ohne dass es zu Auseinandersetzungen kam. Die ursprüngliche Gedenkfeier an dem Ort, an dem Häuptling Samuel Maharero begraben liegt, der 1904 der deutschen Kolonialmacht den Krieg erklärte, war wegen befürchteter gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen der Gruppierung um Häuptling Kuiama Riruako und fünf anderen Herero-Clans von der Polizei untersagt worden. Dort hatte auch der deutsche Abgeordnete Niema Movassat (Die Linke) eine Rede halten sollen, der im Bundestag einen Antrag zur Anerkennung des deutschen Völkermords eingebracht hatte, der im März jedoch mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt wurde.
Im Laufe seines einwöchigen Aufenthalts in Namibia wurde Movassat von vielen Seiten ausdrücklich für seine Bundestagsinitiative zur Anerkennung der deutschen Kolonialverbrechen gelobt. Er traf Vertreter unterschiedlicher Herero-Strömungen, mehrere Minister, den einflussreichen evangelischen Bischof Zephania Kameeta sowie Organisationen der Zivilgesellschaft. Movassat besuchte unter anderem den Waterberg, wo General Lothar von Trotha 1904 die entscheidende Schlacht gegen die Herero führte, der später der berüchtigte Vernichtungsbefehl gegen die Herero folgte.
Bei einem Gespräch mit Kulturminister Kazenambo Kazenambo, der im vergangenen Jahr die namibische Delegation geleitet hatte, die die ersten 20 Totenschädel von Mitgliedern der Herero- und Nama-Volksgruppen aus Deutschland nach Namibia zurück überführten. Es handelte sich um die Schädel von Herero und Nama, an denen zur Kolonialzeit in Deutschland rassistisch motivierte wissenschaftliche Untersuchungen vorgenommen wurden. Vergangenen Mittwoch kamen noch einmal die unwürdigen Umstände bei der Schädelübergabe in Berlin zur Sprache. Staatsministerin Cornelia Pieper (FDP) hatte die Übergabezeremonie nach ihrer Rede vorzeitig verlassen, ohne sich die Reden der traditionellen namibischen Führer und des Ministers anzuhören. Angesichts der noch ausstehenden Übergabe weiterer Totenschädel, die bisher im Besitz mehrerer deutscher Universitäten sind, sagte Kazenambo, er hoffe, dies sollte in gegenseitigem Respekt erfolgen. Die deutsche Seite habe Namibia versichert, dass die Übergabe der weiteren Schädel besser gehandhabt werden solle.
Auf einer Abschlusspressekonferenz im »Tintenpalast«, dem namibischen Parlamentsgebäude aus der deutschen Kolonialzeit, betonte Movassat am Mittwoch, er vertrete jenen Teil der deutschen Gesellschaft, die sich für wirkliche Versöhnung mit den Nachfahren der Opfer der deutschen Vernichtungspolitik einsetze. Wirkliche Versöhnung setze aber voraus, dass sich Deutschland für den Völkermord entschuldige und dem nicht länger ausweiche. Für die Linke sei kristallklar, dass sich Entwicklungshilfe grundsätzlich von Wiedergutmachung unterscheide. »Wiedergutmachung ist nicht eine Form von Hilfe, sondern ein Anspruch der verletzten Seite, der sich aus der Anerkennung des erlittenen Unrechts ergibt.«
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